Die Bundesregierung hat am Mittwoch Eckpunkte für die umstrittene Vereinheitlichung der Pflegeausbildung in Deutschland vorgelegt. Erklärtes Ziel ist es, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und deshalb die Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege-Ausbildung zu einer einheitlichen Ausbildung zusammenzulegen. Das Kabinett hat das entsprechende Gesetz bereits gebilligt; es soll noch vor der Sommerpause verabschiedet und dann schrittweise in Kraft gesetzt werden. Im Januar 2018 soll der erste Ausbildungsjahrgang starten.
Rund 6.000 Ausbildungsplätze in der Kinderkrankenpflege und 130.000 in der Kranken- und Altenpflege gibt es derzeit: Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), und mehr als 30 Verbände stehen hinter der Reform. Für sie stellt die einheitliche Pflegeausbildung "eine große Chance für die Pflege in Deutschland dar, die nicht vertan werden darf".
Kritiker mahnen mangelnde Vermittlung von Spezialwissen an
Kritiker befürchten demgegenüber eine Verflachung der Ausbildung: Den künftigen Generalisten fehlten Spezialkenntnisse, die etwa in der Altenpflege oder der Kinderkrankenpflege unerlässlich seien. In den Eckpunkten widerspricht die Bundesregierung: Die wesentlichen Kompetenzen der bisherigen drei Berufe würden auch in der neuen Ausbildung vermittelt. Modellversuche hätten zudem erwiesen, dass sich die Inhalte etwa von Alten- und Krankenpflege schon heute bis zu 90 Prozent überschnitten. "In der Kinderkrankenpflege ist die Ausbildung bereits heute weitgehend gemeinsam mit der Krankenpflege organisiert", heißt es.
Konkret soll die neue, dreijährige Ausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau mindestens 4.600 Stunden umfassen. Davon sollen 2.100 Stunden als theoretische und praktische Ausbildung in den Pflegeschulen und 2.500 Stunden praktische Ausbildung bei einem Ausbildungsträger und weiteren Einrichtungen absolviert werden - davon mindestens 1.300 Stunden beim eigentlichen Ausbildungsträger.
Grundausbildung für alle
Die Ausbildung beginnt mit einem "flexibel aufteilbaren Orientierungseinsatz" und einer Grundausbildung, die auf einen Einsatz in allen Arbeitsfeldern der Pflege vorbereitet. Akut-Pflege, stationäre Langzeitpflege, ambulante Pflege oder Kinderpflege: In allen Versorgungsbereichen sind Pflichteinsätze mit identischem Stundenumfang vorgesehen.
Spezialisieren könnten sich die Auszubildenden bei einem "Vertiefungseinsatz" in einem speziellen Fachgebiet, der im Zeugnis ausgewiesen wird. Auch die Wahl des Ausbildungsbetriebs gibt eine Richtung vor: Wer als Ausbildungsträger eine Kinderklinik wählt, wird mehr als die Hälfte seiner betrieblichen Ausbildungszeit im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege verbringen.
Vorgaben machen die Eckpunkte auch für die geplante hochschulische Pflegeausbildung: Die praktische Ausbildung der Studierenden soll dabei im Wesentlichen der Aufteilung der beruflichen Pflegeausbildung entsprechen. Allerdings kann die Hochschule die Gesamtstundenzahl der praktischen Ausbildung auf 2.300 Stunden verringern.
Pflegeausbildung für die Auszubildenden künftig kostenlos
Im bereits von der Bundesregierung verabschiedeten Gesetzentwurf war festgelegt worden, dass die berufliche Pflegeausbildung für die Auszubildenden künftig kostenlos sein soll. Das Schulgeld wird abgeschafft, und es wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Finanziert werden soll die Ausbildung über Landesausbildungsfonds. Alle bisherigen Kostenträger - das sind im Wesentlichen die Gesetzlichen Krankenversicherungen, Pflegeversicherung und die Länder - werden auch künftig an den Kosten beteiligt.
Der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, begrüßte am Mittwoch im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Eckpunkte. Das Papier gehe in die richtige Richtung, sagte er. "Ich hoffe, dass sich die Diskussion jetzt versachlicht und wir inhaltlich an die Ausgestaltung der Reform gehen können." Westerfellhaus appellierte an die Bundesregierung, dabei insbesondere den Sachverstand des Deutschen Pflegerats einzuholen. Die Inhalte der Pflegeausbildung gehörten zur Kernkompetenz der Berufsverbände und dürften nicht durch wirtschaftliche Interessen der Arbeitgeber oder anderer medizinischer Berufe verwässert werden.