Die katholischen Bischöfe in Bayern haben sich besorgt über eine zunehmende Aggressivität in der Flüchtlingsdebatte gezeigt. Zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung in Passau beklagten sie am Donnerstag "mangelnden gegenseitigen Respekt in der politischen Diskussion sowie den Hass insbesondere in den sozialen Netzwerken und bei öffentlichen Kundgebungen". Nötig sei eine Rückkehr zu einer "differenzierteren und gelasseneren Debattenkultur".
"Brücken zu bauen, wo sie abgerissen wurden"
Die Bischöfe wandten sich gegen jede Form von Diffamierung, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich überzeugt, dass dies auch die "überwältigende Mehrheit der Gesellschaft" so sehe. "Es ist nicht wahr, dass die Gesellschaft gespalten ist", fügte Marx hinzu. Dies sollte auch "nicht töricht durch aggressive Verschärfung herbeigeredet werden". Die Kirche habe den Auftrag, "Brücken zu bauen, wo sie abgerissen wurden" und Verständigung auch dort zu ermöglichen, "wo sich Leute verrannt haben".
Zornedinger Pfarrer: Gelegenheit zum Neuanfang
Zum Rücktritt des Zornedinger Pfarrers sagte Marx, der Geistliche sollte jetzt in Ruhe gelassen werden und andernorts die Gelegenheit zu einem neuen Anfang erhalten. Dabei gelte es zu respektieren, dass auch dem Priester "nicht an einer Diskussion gelegen ist, die Maß und Mitte verliert". Die Solidaritätskundgebung mit rund 3.000 Teilnehmern am Mittwochabend in Zorneding werde dem aus dem Kongo stammenden Priester gut tun.
Ausländische Priester nicht besonders bedroht
Der Kardinal sagte zugleich, er könne nicht erkennen, "dass unsere ausländischen Priester besonders bedroht wären". Bischöfe und Politiker, "wir alle bekommen schreckliche und ekelhafte Mails, aber ich lese das nicht alles". Es helfe nicht weiter, das zu veröffentlichen. Er selbst habe auch schon zweimal unter Polizeischutz gestanden. "Damit muss man als öffentliche Person leben."
Flüchtlingszuzug gut gemeistert
Marx sagte, bei Gesprächen mit Verantwortlichen der Stadt Passau hätten sich die bayerischen Bischöfe überzeugen können, dass der Freistaat die Herausforderung durch den Flüchtlingszuzug bisher "gut gemeistert hat und auch weiterhin meistern kann". Der Passauer Bischof Stefan Oster ergänzte, zu Spitzenzeiten seien wöchentlich 40.000 Flüchtlinge über die Grenze gekommen. Ohne jede Stimmungsmache und Parteiquerelen habe sich die Stadt dieser Herausforderung gestellt.
Steigende Zahl der Taufen von Flüchtlingen
Marx berichtete von einer steigenden Zahl muslimischer Flüchtlinge, die sich taufen lassen wollten. In einigen Herkunftsländern wie Syrien sei eine Konversion zwar rechtlich erlaubt, aber faktisch unmöglich gewesen. Diese müssten nun in Deutschland zu einer reifen Entscheidung begleitet werden. Der spontane Wunsch, zur christlichen Mehrheitsgesellschaft dazuzugehören, reiche dafür nicht aus.
Selber wollen sich die katholischen Bischöfe in Bayern verstärkt für Christen unterschiedlicher Konfessionen engagieren, die als Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Afrika nach Deutschland kommen. Dazu seien in den kommenden Jahren besondere ökumenische Anstrengungen erforderlich, heißt es in der Abschlusserklärung zur Frühjahrsvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz am Donnerstag in Passau. Gottesdiensträume müssten bereitgestellt und Gemeindeneugründungen unterstützt werden. Die Bischöfe wollen sich dabei nach eigenen Angaben finanziell und pastoral engagieren.