Erfurter Altbischof Joachim Wanke wird 75 Jahre alt

Gefragter Redner und Ratgeber

Das oft bemühte Wort vom "Unruhestand" trifft auf Joachim Wanke zu wie auf kaum einen anderen Altbischof in Deutschland. Am 3. Mai feiert der ehemalige Erfurter Bischof seinen 75. Geburtstag, am 26. Juni zudem sein Goldenes Priesterjubiläum.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Bischof em. Joachim Wanke / © Markus Nowak (KNA)
Bischof em. Joachim Wanke / © Markus Nowak ( KNA )

Auch über drei Jahre nach seinem Amtsverzicht ist der ehemalige katholische Erfurter Oberhirte als Redner gefragt - und füllt die Säle. Wanke gehört zu den prägenden Bischöfen der katholischen Kirche im Osten Deutschlands, schon durch seine ungewöhnlich lange Amtszeit an der Spitze des heutigen Bistums Erfurt. Als er nach über 31 Jahren im Oktober 2012 zurücktrat, bescheinigten ihm seine bischöflichen Amtsbrüder einen besonderen "theologischen Sachverstand und pastorales Einfühlungsvermögen".

Wanke gab damals seine "labile gesundheitliche Situation" als Grund des Amtsverzichts an. In den vorausgegangenen beiden Jahrzehnten hatte er sich zwei Herzoperationen unterziehen müssen. Dass er nicht schon früher zurücktrat, lag wohl vor allem am Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2011. Besonders Wanke war es zu verdanken, dass der Papst dabei auch nach Thüringen kam.

Spagat zwischen zwei Systemen

Benedikt XVI. dankte dabei den ostdeutschen Christen für ihre Treue zur Kirche in der Zeit der DDR und danach. Dazu hatte Wanke beigetragen wie nur wenige andere. Bescheiden im Auftreten, doch bestimmt in seinen Aussagen, bewährte sich der Erfurter Bischof unter zwei gegensätzlichen Gesellschaftssystemen: 9 Jahre unter dem SED-Regime und 22 Jahre im wiedervereinten Deutschland.

Bischof sein in der DDR - das bedeutete nach Wankes Worten vor allem, die katholische Minderheit zusammenzuhalten. Ein Wirken über die Kirchenmauern hinaus in die - staatlich verordnete - atheistische Gesellschaft war kaum möglich. Nach der "Wende" stellten sich dann die neuen Herausforderungen der freiheitlichen Gesellschaft. Immer jedoch ermutigte Wanke die Christen, ihre Eigenständigkeit zu bewahren, "damals angesichts der ideologischen Indoktrination und jetzt angesichts eines kulturellen und weltanschaulichen Pluralismus".

Den Spagat zwischen zwei Systemen musste Wanke schon in jungen Bischofsjahren bestehen. Mit 39 Jahren hatte Papst Johannes Paul II. ihn 1980 zum Weihbischof in Erfurt ernannt. Nach der Bischofsweihe folgte er schon zwei Monate später dem verstorbenen Hugo Aufderbeck auf dem Erfurter Bischofsstuhl nach.

Zuvor stand der aus Breslau stammende Beamtensohn vor einer Hochschulkarriere. Er war Professor für Exegese des Neuen Testaments am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt, der einzigen akademischen Ausbildungsstätte für Priester in der DDR und heutigen Universitätsfakultät. Später stand er an der Spitze des Leitungsgremiums, das im Auftrag der deutschsprachigen Bischöfe eine Revision der "Einheitsübersetzung" des Neuen Testaments vornahm, die nun abgeschlossen ist.

Überdiözesane Aufgaben

In seiner langen Bischofszeit wurde Wanke auch zu anderen überdiözesanen Aufgaben berufen. So war er von 1995 bis 2001 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), von 1998 bis 2010 leitete er die Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Durch unkonventionelle pastorale Angebote machte Wanke bereits vorher von sich reden. Sie sollen Fernstehenden den Weg in die Kirche leichter machen. So gibt es seit vielen Jahren im Erfurter Dom "Feiern der Lebenswende". Sie bieten ungetauften Jugendlichen eine Alternative zur atheistischen "Jugendweihe".

Geschätzt wird Wanke auch für seine rhetorischen Fähigkeiten, die ihm unter anderem 2001 den "Predigtpreis" der deutschen Wirtschaft eintrugen. Bis heute nimmt er in viel beachteten Ansprachen zu kirchlichen Kernfragen Stellung. So warnte er jüngst vor religiösen Extrempositionen und wandte sich gleichermaßen gegen ein erstarrtes Normensystem wie gegen falschen "Liberalismus". Zudem mahnte er, die Kirche zu einem "Haus mit offenen Türen" auch für Nichtglaubende zu machen.


Quelle:
KNA