Ein "Nein" für das Grundeinkommen in der Schweiz

Keine Überraschung

Die Schweizer haben die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abgelehnt. Aus christlicher Sicht gab es unterschiedliche Positionen, wie der Journalist Daniel Rehfeld beobachtet hat.

Geld (KNA)
Geld / ( KNA )

domradio.de:  Am Sonntag haben 77 Prozent der Schweizer gegen das bedingungslose Grundeinkommen gestimmt. Warum war das zu erwarten?

Daniel Rehfeld (Redaktionsleiter beim christlichen "Radio Life Channel"): Es gab im Vorfeld zwei Hochrechnungen, die haben ein "Nein" vorausgesagt. Und auch wenn man die rationalen Argumente, die gegen eine solche Initiative gesprochen haben, in die Waagschale geworfen hat, war ein "Nein" zu erwarten.

Allerdings hatten die Initiatoren im Vorfeld wirklich Vollgas gegeben und eine eindrückliche Performance hingelegt. Es war zum Teil sehr schrill. Zum Beispiel haben sie acht Millionen Fünf-Rappen-Stücke auf den Bundesplatz gekippt. Oder sie haben 1000 Zehn-Franken Geldscheine an Pendler verschenkt. Es gab also viel Gesprächsstoff. Von daher bin ich auch etwas überrascht, dass es so deutlich abgelehnt wurde.

domradio.de:  Welche waren denn die Hauptargumente für und gegen das bedingungslose Grundeinkommen?

Rehfeld: Anfang des Jahres fand in Davos das Weltwirtschaftsforum statt. Das beschäftigte sich ja unter anderem mit dem Stellenabbau durch die digitale Zukunft. Es wurde diskutiert, dass Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Arbeit werde in Zukunft wohl von Computern erledigt und dass es das mit dem Einkommen schwierig werden könnte. Das könnte für ein Grundeinkommen sprechen. Ein Kernargument ist auch, dass der Verteilungsschlüssel bei den Sozialwerken nicht wie gewünscht funktioniere.

Die Gegner haben dagegen schon von Beginn an klargemacht, dass die Innovation durch das Grundeinkommen sterbe, dass der Wettbewerb verfälscht werde und dass es eine utopische Idee sei, die nicht finanzierbar sei.

domradio.de:  Wie hat sich denn die Kirche zu dem Thema positioniert? Der Ansatz ist ja durchaus sozial, etwa wenn auch Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen auf diesem Wege bezahlt würden!? 

Rehfeld: Sie sagen es. Es gab wirklich vereinzelte Sympathien aus christlichen Kreisen. Ich möchte dazu eine Theologin zitieren - Ina Pretorius hat gesagt: "Im Zentrum der kirchlichen Tradition steht der Satz der bedingungslosen Liebe Gottes zu den Menschen, wie die Mütter, die uns pflegen und großziehen, ohne, dass wir dafür etwas leisten. Die sozialpolitische Umsetzung dieses Gedankens ist das bedingungslose Grundeinkommen. Das heißt, dass wir sagen, Du bist akzeptiert, bevor Du dafür etwas leistest." Das war durchaus eine Position. 

Eine Organisation, die sich Christnet nennt, hat sich auch für ein Grundeinkommen stark gemacht. Sie hat die Frage in einem Podium gestellt. "Ist das bedingungslose Einkommen so etwas wie der Himmel auf Erden?"

Auf der anderen Seite waren die christlich positionierten Parteien dagegen. Sie haben ins Feld geführt, dass Arbeit sich lohnen müsse. Sie haben befürchtet, es würde die Wirtschaft schwächen und eine Sogwirkung aus dem Ausland bewirken. Da waren durchaus wieder rationale Argumente im Feld.

domradio.de: Das bedingungslose Grundeinkommen ist für das Wahlvolk erst mal abgehakt. Oder wird das Thema die Schweiz weiter beschäftigen?

Rehfeld: Also, die Bilder aus Basel gestern muteten schon etwas skurril an. Da haben die Initianten verloren, trotzdem haben sie vor der versammelten Weltpresse gejubelt. Ich denke wirklich, dass die Diskussion noch nicht zu Ende  ist. Es gab ja Sympathien. Jeder Fünfte hat Sympathien für das Grundeinkommen gezeigt. Aber ich denke, auch wenn die Diskussion noch nicht zu Ende ist, wird eine solche Initiative auch künftig keine große Chance haben.

Das Interview führte Daniel Hauser.


Quelle:
DR