Monheimer Pfarrer zu geplantem Moscheebau

"Auf einmal ist da jemand, den man kennt"

Die Grundstücksüberlassung für einen Moscheebau in Monheim ist vorerst gestoppt - obwohl es in der 44.000-Einwohnerstadt mehrheitlich Befürworter gibt. Einer von ihnen ist Burkard Hoffmann, der dortige katholische Pfarrer.

Bürgerinformationsabend der Stadt Monheim / © Oliver Berg (dpa)
Bürgerinformationsabend der Stadt Monheim / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Wie sehen Sie es, dass eines der beiden Grundstücke in direkter Nachbarschaft zu Ihrer Kirche liegt?

Hoffmann: Da sehe ich kein Problem. Auch die evangelische Kirche hat dort ihre Gottesdiensträume, insofern ist das dann ein religiöses Zentrum. Das Wichtige ist, dass wir uns ganz gut kennen. Seit über zehn Jahren treffen wir uns mit Vertretern der türkische-islamischen Gemeinde im Rahmen des interreligiösen Dialogs. Es sind Leute, die sich in ihrem Glauben gut auskennen und eine Arbeitsgruppe, die sich drei bis viermal pro Jahr trifft.

Jedes Mal wird ein Thema festgelegt, z.B. ewiges Leben oder Nächstenliebe. Dann tragen sowohl die Moslems ihre Positionen, aus dem Koran erarbeitet, vor – ebenso die katholische und evangelische Kirche, deren Positionen ja auch manchmal verschieden sind. Dann entsteht ein Gespräch, worüber auch Artikel in den Zeitungen erscheinen. Und das schon über zehn Jahre, was ein wichtiger Beitrag dafür ist, dass wir ein gutes Verständnis füreinander haben.

domradio.de: Andernorts in Deutschland würde es heftige Demonstrationen geben. Warum gelingt dieser mutige Schritt in Monheim?

Hoffmann: Hier gab es auch eine ziemliche Aufregung, weil der Bürgermeister sehr überraschend das alles angekündigt hat und im Vorfeld keine Konsultationen mit anderen Gruppierungen stattgefunden haben. Aber diese Vorstellung jetzt, in der Aula in der vergangenen Woche, waren über 700 Menschen gekommen, einige konnten nicht mehr teilnehmen, weil nicht genug Platz war.

Dort wurde sehr ruhig und sachlich über die Situation gesprochen. Insgesamt gab es eher eine wohlwollende Stimmung, dass man die türkisch-muslimische und arabisch-muslimische Gemeinden unterstützen will. Eher wurde gefragt, ob die Größenordnung so in Ordnung ist, im Vergleich zu anderen Gruppierungen, es wurde aber nicht im Prinzip in Frage gestellt.

domradio.de: Der Bürgermeister hat auch Beleidigungen bekommen aus der rechten Ecke. Wie geht er damit um?

Hoffmann: Bei dieser Veranstaltung war ein großes Polizeiaufgebot, weil sich verschiedene Gruppen angekündigt hatten, zu demonstrieren. Das war schon heftig. Aber der Bürgermeister ist in der Regel ruhig, auch wenn sich Leute kritisch äußern nimmt er das zur Kenntnis und geht darauf ein. Ich erlebe ihn als ruhig. Man kann Gegenpositionen vertreten ohne dass dadurch Aufregung passiert.

domradio.de: Der eine Träger der Moscheegemeinde ist Ditib, der gerade in der jüngeren Vergangenheit Politiker ausgeladen hat, weil sie für die Armenienresolution gestimmt haben. Wie sind Ihre Erfahrungen da?

Hoffmann: Ich glaube, dass die Moscheevereine unterschiedliche Prägungen haben. Natürlich ist das eine Anbindung an Ditib. Aber sie haben auch ein Stück Eigenständigkeit. Es hängt immer davon ab, welche Menschen Mitglied sind und den Vorsitz haben. Diejenigen prägen das ganz erheblich. Wir haben in dem interreligiösen Dialog mehrfach eine gemeinsame Presseerklärung herausgegeben. Das war nach den Paris-Anschlägen um Charlie Hebdo sehr diffizil aber es war möglich, dazu Stellung zu beziehen. Und daher kennen wir auch die Positionen der Leute und sie sind nicht immer ganz unkritisch was in der Türkei passiert.

domradio.de: Monheim klingt eigentlich wie ein gutes Beispiel für interreligiöses Miteinander?!

Hoffmann: Da bin ich ganz stolz darauf, da habe ich auch meinen Anteil daran. Wir haben ganz viele Gruppen eingeladen, sich die Moschee anzuschauen. Alles, was man gesehen hat und Leute, die man kennengelernt hat, nehmen viele Vorurteile weg. Auf einmal ist da jemand, den man kennt und der auf eine bestimmte Weise argumentiert und nicht anders. Und deshalb ist eine positive Stimmung in der Stadt. Auch was die vielen Flüchtlinge anbetrifft – es war eine Demonstration angekündigt und der Bürgermeister hat daraufhin zu einem großen Fest eingeladen. Und ganz am Rande waren vielleicht zehn Menschen, die demonstriert haben. Da konnte man direkt sehen, was Sache ist und wo die Leute mit ihrer Position stehen.

Das Gespräch führte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR