domradio.de: Wie sieht es denn bei Ihnen aus, haben Sie das Ausscheiden der Deutschen schon verdaut?
Schwester Katharina Hartleib: Was will man machen...?! Man muss sich ja mit den Realitäten des Lebens anfreunden und sie annehmen, wie sie sind. Das ist natürlich eine gute Übung. Wobei ich sagen muss, dass die Niederlagen nicht hätte sein müssen.
domradio.de: Wieso?
Schwester Katharina: Die Deutschen waren so überlegen in der ersten Halbzeit, dass man nur noch auf die Tore gewartet hat. Das war genau das, was ich vorher gesagt habe. Wenn sie nicht schnell ein oder zwei Tore schießen, dann wird es eng. Dann kam der Handelfmeter und dann wurde es tatsächlich eng. Das haben ja die 30 Millionen, die das Spiel gesehen haben, auch gesehen. Deshalb ist es so schwer, sich mit der Niederlage abzufinden
domradio.de: Man könnte ja auch sagen: Die haben gut gespielt. Sie können mit erhobenem Haupt nach Hause gehen. Man kann nicht immer gewinnen. Aber man hat das Gefühl Trainer, Spieler und Fans sind dieses Mal alle besonders niedergeschlagen.
Schwester Katharina: Ja, wobei, wenn ich auf Facebook schaue, was Leute so schreiben, sehe ich da aber auch eine unheimliche Dankbarkeit gegenüber der Mannschaft. Das habe ich selten erlebt. Viele schreiben: "Danke Jungs, es war eine tolle EM." Oder das: "Wir können nicht immer gewinnen." Das kommt häufig hinten dran. Ich finde, es sind nur ganz wenige, die dort Frustsprüche ablassen.
domradio.de: Ich habe auch den Eindruck, die Spieler sind gute Botschafter für unser Land. Das sind nette Jungs. Ich will nicht sagen: Da kann man sich ein bisschen mit identifizieren. Aber es ist schön, dass die uns vertreten. Oder?
Schwester Katharina: Das ist wahr, das sehe ich auch so. Aber ich habe so das Gefühl, die sind zu nett. Mir fehlt bei den Deutschen ein bisschen der Biss. Nicht zum Faulen und zum Motzen, sondern dieses: "Ich nehme das jetzt mal in die Hand." Also man hatte in der ersten Halbzeit des letzten Spieles das Gefühl, sie passen sich der ganz strengen taktischen Vorgabe an. Erst, als es wirklich so war, dass es dann 2:0 stand und man "Oh Gott" gedacht hat. Da haben sie auf einmal die Fesseln losgelassen und haben alles versucht. Hätten sie dann nicht auch noch Pech gehabt, dann hätten sie das sogar noch umreißen können.
domradio.de: Aber ich dachte mir: Vielleicht ist es für Europa auch besser, dass jemand anderes gewinnt als Deutschland. Nach dem WM- Titel auch der EM-Sieg…
Schwester Katharina: Ich glaube nicht, die sind ja unglaublich sympathisch und die Deutschen sind vor 20 Jahren das letzte Mal Europameister geworden. Wäre mal wieder Zeit gewesen.
Das Interview führte Heike Sicconi.