Gauck räumt "Schuld" im Umgang mit "Colonia Dignidad" ein

Falscher Umgang mit deutscher Siedlung in Chile

Jahrzehntelang lebten deutsche Auswanderer in Chile in einer abgeschotteten Kolonie, in der gefoltert und Kinder missbraucht wurden. Deutschland hat unterdessen Aufklärung versprochen.

 Haupttor der "Colonia Dignidad"-Siedlung, aufgenommen 1988 (dpa)
Haupttor der "Colonia Dignidad"-Siedlung, aufgenommen 1988 / ( dpa )

Bundespräsident Joachim Gauck hat bei einem Staatsbesuch in Chile auf Deutschlands "Schuld" im Umgang mit der berüchtigten Sektensiedlung "Colonia Dignidad" hingewiesen. "Natürlich machen auch demokratisch verfasste Staaten Fehler. Und manchmal laden auch sie Schuld auf sich", sagte er am Dienstag in der chilenischen Hauptstadt.

"Jahrelang weggeschaut"

Das werde deutlich, wenn man auf deutsche Spuren in Chile blicke: "Wenn zum Beispiel deutsche Diplomaten jahrelang wegschauten, wenn in der deutschen Sekte 'Colonia Dignidad' Menschen entrechtet, brutal unterdrückt und gefoltert wurden, und dann gar der chilenische Geheimdienst dort foltern und morden konnte, so ist unser Erschrecken groß - auch darüber, was Demokraten zu verdrängen und zu verschweigen vermochten."

Aufklärung versprochen

Gauck lobte in diesem Zusammenhang den jüngsten Vorstoß von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). "Unser Außenminister tut jetzt, was richtig und notwendig ist: die deutschen Akten zu diesem Fall frühzeitig zugänglich machen und so die offene Aufarbeitung fördern", so der Bundespräsident. Die wichtigeren Akten über die Diktatur seien allerdings die chilenischen; "hier befindet sich das Herrschaftswissen der Diktatur".
Steinmeier hatte im April angekündigt, den Umgang des Auswärtigen Amtes mit "Colonia Dignidad" aufzuarbeiten. "Zunächst einmal müssen wir mehr Transparenz schaffen", sagte Steinmeier bei einer Veranstaltung mit Zeitzeugen in Berlin. Akten von 1986 bis 1996 sollten für Wissenschaftler und Medien zugänglich gemacht werden.

"Kein Ruhmesblatt für das Auswärtige Amt"

Der Umgang mit dem Lager, das wegen der dortigen Gewalt berüchtigt war, sei "kein Ruhmesblatt in der Geschichte des Auswärtigen Amtes", so Steinmeier. "Über viele Jahre hinweg, von den 60er bis in die 80er Jahre, haben deutsche Diplomaten bestenfalls weggeschaut - jedenfalls eindeutig zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute in dieser Kolonie getan." Während der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) wurden in Chile schätzungsweise 3.200 Menschen ermordet und mehr als 30.000 gefoltert. Von vielen Opfern fehlt bis heute jede Spur.


Quelle:
KNA