Scharen von Jugendlichen seien in den vergangenen Tagen wissensdurstig über den Friedhof gewandert und hätten nach den Gräbern bedeutender Persönlichkeiten gesucht, teilte Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt am Samstag mit. Was seit Jahren nur mäßig erfolgreich gelungen sei - Kindern und Jugendlichen die Friedhofskultur näher zu bringen - habe die App Pokémon go in rasanter Geschwindigkeit geschafft, sagte der Friedhofsverwalter.
Durch seine facettenreiche Geschichte, die prachtvollen Grabbauten und die Gräber teilweise weltberühmter Persönlichkeiten sei der mehr als 200 Hektar große Südwestkirchhof mit dem virtuellen Spiel in einen neuen Fokus gerückt. In der verschlungenen und wildromantischen Friedhofslandschaft würden die bedeutenden Gräber in großen Entfernungen voneinander liegen, versteckt hinter Büschen und Bäumen.
"Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob sich diese spielerischen Friedhofstouren mit dem Ort und der Bestimmung vereinbaren lassen und ob die Würde des Ortes nicht vergessen wird", sagte Ihlefeldt. Vielleicht habe das Pokémon-Fieber ja sogar einen Bildungseffekt.
Der Südwestkirchhof bei Berlin und Potsdam wurde 1909 als Friedhof für mehrere evangelische Kirchengemeinden aus Berlin eröffnet. Inzwischen sind dort weit über 100.000 Tote bestattet worden, darunter zahlreiche Prominente wie die Künstler Heinrich Zille und Lovis Corinth, Nosferatu-Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau und der frühere FDP-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff.