Das Hilfswerk "Kirche in Not" berichtet von steigenden Übergriffszahlen im Süden des Landes.
domradio.de: Sie arbeiten bei Kirche in Not, dem päpstlichen Hilfswerk. Inwieweit engagieren Sie sich auf den Philippinen?
Berthold Pelster (Fachreferent für Öffentlichkeitsarbeit und Experte zum Thema Christenverfolgung beim Hilfswerk Kirche in Not): Kirche in Not hilft auf den Philippinen wie in anderen Ländern in der Form, dass wir das kirchliche Leben unterstützen, die Ausbildung von Priestern fördern oder Kirchengebäude finanzieren, um nur einige Aspekte zu nennen.
domradio.de: Sie unterstützen auch die Arbeit von Pater Sebastiano D'Ambra. Er ist sizilianischer Missionar auf den Philippinen und klagte kürzlich über zunehmenden Hass zwischen Christen und Muslimen. Wie ist die Lage auf den Philippinen aktuell zu bewerten?
Pelster: Pater Sebastiano D'Ambra arbeitet seit über 40 Jahren auf den Philippinen und er hat sich immer sehr stark für den interreligiösen Dialog engagiert - insbesondere für den Dialog zwischen Christen und Muslimen. Ein großer Teil der philippinischen Bevölkerung ist katholisch, etwa 80 Prozent sind das. Aber im Süden des Landes, auf Mindanao, gibt es eine durchaus große muslimische Minderheit. Sie macht etwa 40 Prozent dort aus. Genau da lebt und arbeitet Pater Sebastiano D'Ambra. Seit einigen Jahren beobachtet er eine Veränderung des Klimas. Es gibt dort Untergrundbewegungen, Rebellengruppen, islamistische Bewegungen, die dort im Süden der Philippinen einen rein islamischen Staat errichten wollen und dabei auch mit Gewalt vorgehen, um ihre Ziele durchzusetzen. Das hat die Stimmung in der Bevölkerung und das Klima in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Es gibt zunehmend Anschläge auf christliche Gemeinden. Weihnachten 2015 wurden mehrere christliche Dörfer von solchen Rebellengruppen und Islamisten überfallen. Dabei sind sieben Christen getötet und viele Häuser sind zerstört worden.
domradio.de: Kann man denn ergründen woher dieser Stimmungswandel kommt? Bisher galten die Philippinen als Musterbeispiel für das friedliche Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen.
Pelster: Diese islamistischen Rebellengruppen haben natürlich Kontakt zu anderen islamistischen Bewegungen, etwa im Nahen Osten. Sie werden zum Teil auch durch Länder wie Saudi-Arabien gefördert. Die Kämpfer dieser islamistischen Gruppen auf den Philippinen schicken ihre Leute nach Saudi-Arabien oder nach Afghanistan. Dort werden sie im Terrorkampf ausgebildet und kommen dann zurück, um Anschläge zu verüben. Es gibt Vernetzungen zwischen den verschiedenen islamistischen Bewegungen weltweit.
domradio.de: Es wird bereits von Abwanderungstendenzen der Christen gesprochen. Auch wenn es schwierig ist, in die Zukunft zu schauen, aber mit welchen Entwicklungen rechnen Sie?
Pelster: Diese Erscheinung sehen wir im Süden der Philippinen, dort wo die Muslime einen Bevölkerungsanteil von 30-40 Prozent haben. In manchen Gegenden liegt der Anteil auch noch deutlich höher - etwa auf der Insel Jolo. Dort sind die Christen nur eine kleine Minderheit. Die Stimmung in der Bevölkerung ändert sich dort auch. Beispielsweise haben einige muslimische Religionsgelehrte ihre Gläubigen aufgefordert, sich von den Christen abzugrenzen. Sie sollten die Feste mit den Christen nicht mehr gemeinsam begehen. Früher war es üblich, den Christen zu Weihnachten zu gratulieren oder mit ihnen zusammenzusitzen. Das soll nun nicht mehr möglich sein. Teilweise wird auch Gewalt gegen Christen ausgeübt. Darüber machen sich viele Christen natürlich Sorgen und überlegen, ob sie nicht in einen anderen Teil des Landes umziehen.
domradio.de: Betrifft das am Ende auch Ihre Arbeit von Kirche in Not oder wie reagieren Sie darauf?
Pelster: Pater Sebastiano D'Ambra wird seine Arbeit im interreligiösen Dialog weiter fortsetzen. Es sagt, unsere Mission sei unter dieser speziellen Situation deutlich schwieriger geworden, aber sie sei umso notwendiger geworden, um diese Spannungen wieder abzubauen. Es gibt ja auch eine ganze Anzahl gemäßigter Muslime, die ebenfalls daran interessiert sind, diese Gewalt zu überwinden und ein gutes Zusammenleben mit den anderen Religionsgemeinschaften - insbesondere mit den Christen - herbeizuführen.
Das Interview führte Daniel Hauser.