US-Bundesstaat Texas will geistig beschränkten Mann hinrichten

Trotz kirchlicher Proteste droht die Giftspritze

Jeffery Wood soll für die Beteiligung an einem Raubmord sterben, den sein Kumpel begangen hat. Eine breite Koalition protestiert gegen die für den 24. August geplante Exekution: Prominente, Evangelikale und der Papst.

Autor/in:
Thomas Spang
Hinrichtungszelle in den USA (dpa)
Hinrichtungszelle in den USA / ( dpa )

Der Todeskandidat hat einen Intelligenzquotienten von lediglich 80. Jeffery Wood gilt damit zwar nicht als geistig behindert, aber doch als mental eingeschränkt. Die bestellten Gutachter hielten ihn während des Mordprozesses für gerichtsunfähig. Aus Sicht vieler Beobachter hätte er wegen seiner mentalen Defizite erst gar nicht verurteilt werden dürfen.

Vor dem Tod hilft nur ein "Wunder"

Dazu kommt die Tatsache, dass seine Verteidigung vor Gericht praktisch nicht existierte. Nach den meisten Gesetzen der Welt wäre er vielleicht ein Mittäter, aber niemals ein Mörder. Dennoch soll Jeffery Wood, der an diesem Freitag (19. August) 43 Jahre alt geworden ist, in fünf Tagen sterben. Am 24. August soll er durch einen Giftcocktail hingerichtet werden, den ihm der staatliche Henker in seine Adern spritzt. Es sei denn, es geschieht ein Wunder.

Zum Beispiel, indem die Staatsanwaltschaft einlenkt und die Vollstreckung aussetzt. Oder der texanische Gouverneur Greg Abbott die Strafe umwandelt. Es gibt zwar Möglichkeiten, die Hinrichtung eines Todeskandidaten zu stoppen, wenn sich dieser letztlich als unschuldig oder schuldunfähig herausstellt. Nur sind diese Chancen nicht sehr groß.

Wood sitzt seit 1998 in der Todeszelle, weil ihn eine Jury in Mithaftung nahm. Genauer gesagt verurteilte sie ihn nach dem sogenannten Law of Party. Diese Besonderheit in Texas erlaubt es Staatsanwälten, Personen, die an einer Tat beteiligt waren, so zu behandeln, als hätten sie jeden Aspekt des Verbrechens mit ausgeführt.

Beteiligung an Raubmord

Laut dem Gesetz war Wood schuldig an einem Raubmord, den sein ehemaliger Mitbewohner Daniel Reneau am 2. Januar 1996 verübt hatte. Der Todeskandidat hatte Reneau nachweislich vor der Tat aufgefordert, seine Waffe Zuhause zu lassen. Wood saß im Fluchtwagen vor einem Gemischtwarenladen in einer Tankstelle der texanischen Stadt Kerrville, als Reneau drinnen die Herausgabe des beweglichen Tresors forderte.

Der Angestellte Kriss Keeran weigerte sich, der Aufforderung zu folgen. In seiner Rage zückte der Räuber die mitgeführte Waffe und erschoss Keeran kaltblütig. Reneau holte seinen Kumpel Wood in den Laden, um ihm zu helfen, den Tresor, an dem Toten vorbei, nach draußen zu tragen. Gewiss beteiligte sich Wood damit an einem Verbrechen. Doch zum Mörder wurde er dadurch nicht. Das heben alle Sympathisanten und Unterstützer des Todeskandidaten hervor, der in diesem Jahr die 16. Person wäre, die in den USA hingerichtet würde. Ein historische niedrige Zahl, die signalisiert, dass USA-weit ein Umdenken stattfindet.

Papst Franziskus intervenierte

Für das Leben von Jeffery Wood setzt sich neben Papst Franziskus und zahlreichen Prominenten auch eine Gruppe von 50 evangelikalen Pastoren ein. Diese haben eigentlich traditionell kein Problem mit der Todesstrafe, wenn sie "die Schlimmsten der Schlimmen" trifft. Die Evangelikalen drängen nun aber das für Begnadigungen zuständige staatliche Gremium "Texas Board of Pardons and Paroles" (BPP) und Gouverneur Abbott, die Vollstreckung auszusetzen.

"Unser Glaube zwingt uns, in diesem Fall das Wort zu ergreifen", schreiben die Pastoren. Denn hier gehe es darum, dass "das Leben eines Individuums beendet wird, das signifikante mentale Einschränkungen hat und deshalb niemals hätte verurteilt werden dürfen".

Hinrichtung bereits einmal verschoben

Woods Pech: Er lebt in dem US-Bundesstaat, der mehr als die Hälfte der vollzogenen und auch aller ausstehenden Exekutionen des Jahres 2016 verzeichnet. Texas führt seit Jahren die Liste der US-Bundesstaaten mit den meisten Hinrichtungen an. Arm und mental nicht auf der Höhe zu sein, ist dabei eine besonders tödliche Kombination.

Die grausige Realität im Fall von Jeffery Wood besteht darin, dass dieser 2008 schon einmal sterben sollte. In letzter Minute hob ein Richter in der texanischen Stadt San Antonio damals die Hinrichtung Woods wegen seiner geistigen Einschränkungen auf. Statt den Mann zu diagnostizieren, strebte die Staatsanwaltschaft einen neuen Vollstreckungstermin an.

Acht Jahre später soll er nun seinem ehemaligen Mitbewohner ins Jenseits folgen. Reneau hatte die Tat gestanden, war 1997 dafür zum Tode verurteilt und im Jahr 2002 hingerichtet worden.


Quelle:
KNA