Kinder aus allen Kontinenten winken vor drei Männern. Einer trägt ein Brustkreuz, der zweite einen Turban der dritte eine Kippa. In den Händen halten sie kleine zusammengerollte Papiere, die mit einer Schleife zusammengeschnürt sind. Dazu läuft im Hintergrund der Soundtrack des Films "Das Leben ist schön". Mit dieser Szene vor der Basilika des Heiligen Franziskus endete am Dienstag das 30. internationale Friedenstreffen der Religionen im italienischen Assisi mit Papst Franziskus. Die Jungen und Mädchen verteilten den gemeinsamen Appell zum Abschluss der dreitägigen Begegnung.
Zeichen gegen religiösen Fundamentalismus
30 Jahre nach dem ersten Friedenstreffen, zu dem Johannes Paul II. 1986 nach Assisi eingeladen hatte, waren in der Stadt des heiligen Franz von Assisi erneut mehr als 500 Delegierte von einem Dutzend Religionsgemeinschaften zusammengekommen. Sie wollten in Zeiten des islamistischen Terrors ein Zeichen gegen religiösen Fundamentalismus setzen. Zuletzt hatte mit Benedikt XVI. im Oktober 2011 ein Papst an dem von der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio in wechselnden Städten organisierten Treffen teilgenommen.
Gesten als Zeichen der Verständigung
Worte sind im Dialog der Religionen in Assisi eine Sache. Eine andere, wohl oft die Hauptsache, sind die Gesten, nicht zuletzt eine ganz alttägliche: das Händeschütteln. Rund eine Stunde lang schreitet Franziskus am Dienstag nach seiner Ankunft im Kloster des Heiligen Franziskus die Reihe der rund 500 Delegierten des Friedenstreffens ab, begrüßt Christen, Muslime, Buddhisten und Juden. Der Papst strahlt, nimmt sich Zeit für kurze Gespräche, scherzt. Händeschütteln, so vermitteln es die Bilder, ist hier mehr als eine lästige Pflichtübung.
Allgemeiner Appell
Das Friedenstreffen stand im Schatten der jüngsten islamistischen Terroranschläge. Im Schlussappell wie auch in der Rede des Papstes fand dies allerdings kaum einen erkennbaren Niederschlag. Der Appell war allgemein gehalten. "Wer den Namen Gottes anruft, um Terrorismus, Gewalt oder Krieg zu rechtfertigen, befindet sich nicht auf Seinem Weg", heißt es darin. Man wollte wohl bereits im Keim jeden Eindruck ersticken, der Islam sitze in Assisi auf der Anklagebank eines interreligiösen Tribunals. Franziskus fordert die Anhänger aller Religionen in seiner Rede auf, fundamentalistische Gewalt zu ächten. Sie entstelle das "wahre Wesen der Religion".
Getrennte Gebete
"Es geht nicht darum, dort ein Spektakel zu veranstalten, sondern einfach darum, zu beten, und zwar für den Frieden", sagte der Papst vor seiner Abreise in der Morgenmesse im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Gebetet wurde auch diesmal getrennt nach Religionen: die Christen versammelten sich mit dem Papst in der Unterkirche der Franziskus-Basilika, die Muslime wandten sich im Theologischen Institut des benachbarten Franziskanerklosters gen Mekka und die Shintoisten hatten im Kreuzgang ihren Altar aufgebaut. Zoroastrier und Sikhs beteten im örtlichen Kunstmuseum. So hatten es auch Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. Johannes Paul II. gehalten, nachdem das erste Friedenstreffen 1986 innerkirchliche Kritik an einer angeblichen Vermischung der Religionen hervorgerufen hatte.
Vermischung der Religionen vermeiden
Franziskus könnte ein gemeinsames Gebet von Vertretern verschiedener Religionen einführen, war im Vorfeld bisweilen spekuliert worden. Genährt wurden solche Erwartungen durch den Umstand, dass er an das Ende seiner Umweltenzyklika "Laudato si" ein gemeinsames Gebet von Christen und Nichtchristen zur Bewahrung der Schöpfung gestellt hatte. In seiner Ansprache in Assisi machte Franziskus allerdings deutlich, dass auch ihm daran liegt, den Eindruck einer Vermischung von Religionen zu vermeiden. Man habe "nebeneinander und füreinander gebetet", lautete seine Formel.
Vor 30 Jahren waren die Religionsführer in Assisi unter sich. Benedikt XVI. holte 2011 auch Nichtglaubende dazu. Franziskus erweiterte die Gästeliste nun um zwölf Flüchtlinge aus Kriegsregionen.
Er nahm zusammen mit ihnen ein Mittagessen im Franziskanerkloster ein. Das letzte Wort in Assisi hatte nicht der Papst, sondern der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn: Er lud zum nächsten Friedenstreffen im September 2017 nach Münster und Osnabrück ein. Diesmal wieder ohne Papst.