Über ein solches Medienaufkommen würde sich jede neue Partei der Welt freuen. Weit weg von den großen Städten Bogota, Cali und Medellin hat sich in Kolumbien die linksgerichtete Guerilla-Organisation FARC versammelt, um sich einen neuen Weg zu verpassen. Und der soll künftig ohne Waffengewalt, Entführungen und heimtückische Minen beschritten werden.
Rund vier Autostunden von San Vicente de Caguan sind die Guerilleros zusammengekommen, und rund 300 Journalisten haben nach Angaben der Rebellen die beschwerliche Anreise auf sich genommen. Die Abgeschiedenheit des Konferenzortes solle den Besuchern nahelegen, wie das Leben eines Guerilleros so ist, hieß es im Vorfeld der Konferenz.
Ort der Konferenz ist abseits
Der Platz in der Wildnis hat allerdings noch einen zweiten, angenehmen Vorteil, über den die Presseabteilung nicht spricht: FARC-Opfer oder Gegendemonstranten sparen sich die strapaziöse Anreise in die Wildnis. So ist man telegener Bilder gewiss. Zumindest in der Öffentlichkeitsarbeit muss sich die erste Parteitagsregie der FARC hinter den etablierten Parteien nicht verstecken.
Die Konferenz, die aus den Rebellen Politiker machen soll, ist der Auftakt zu einer Serie historischer Tage in dem südamerikanischen Land. Das bekommt auch Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos zu spüren, der sich zu Wochenbeginn bei der UN-Vollversammlung in New York aufhielt.
Prominente Unterstützung der Friedensverhandlungen
Die Politprominenz dieses Planeten lässt es sich nicht nehmen, dem mutigen Politiker zu seinen Friedensverhandlungen persönlich zu gratulieren. Mal ist es der spanische König Felipe, dann UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon oder Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Sie alle wollen jenem Mann die Hand schütteln, dem etwas gelungen ist, was selten geworden ist in diesen Zeiten: einen bewaffneten Konflikt auf dem Verhandlungsweg zu beenden.
Und der 65-Jährige bekommt auch noch den Global Citizen Award im Beisein von Bill Clinton: "Danke für diesen Preis im Namen der acht Millionen Opfer, Opfer eines Krieges über 50 Jahre", sagte ein gerührter Santos. Er weiß um die Wirkung dieser Bilder in der Heimat.
Sicherheit rund um die Verhandlungen
Ganz sicher können sich Santos und sein Verhandlungspartner, FARC-Chef "Timochenko" noch nicht sein, dass die historischen Tage reibungslos über die Bühne gehen. Beim FARC-Kongress fragten die besorgten Rebellen, was denn aus der Bedrohung durch den rechten Paramilitarismus werde. Es gebe Unsicherheit, räumt FARC-Kommandant "Pablo Catatumbo" bei der morgendlichen Pressekonferenz gleich nach Sonnenaufgang ein. "Wird die Regierung ihr Wort halten?" - dies sei eine der meistgestellten Fragen aus den Reihen der Rebellen.
Mit der Zustimmung der Guerilla im Rücken reist "Timochenko" dann in die kolumbianische Kolonialstadt Cartagena: der erste öffentliche Auftritt auf dem politischen Parkett überhaupt für den Guerrilla-Boss. Denn bislang fanden die Verhandlungen weit weg in der kubanischen Hauptstadt Havanna statt und der FARC-Kongress in der tiefsten Provinz.
Weltstars werben öffentlich für "Si"
Physisch greif- und sichtbar wird er für die meisten Kolumbianer erstmals in Cartagena, wo am kommenden Montag der Friedensvertrag unterschrieben werden soll. Erst dann betritt "Timochenko" wirklich die politische Bühne des Landes. Die höchste Hürde wartet eine Woche später auf die Verhandlungspartner. Bei der Volksabstimmung am 2. Oktober sollen die Kolumbianer Ja sagen zu dem ausgehandelten Abkommen. Weltstars wie Shakira oder Juanes, Radprofi Nairo Quintana stellen sich publikumswirksam hinter das "Si". Nur die Ex-Präsidenten Alvaro Uribe und Andres Pastrana verwehren dem Abkommen ihre Zustimmung. Zu viel Straffreiheit für die FARC, zu viele Zugeständnisse, kritisieren sie.
Vatikan bei Unterzeichnung von Friedensvertrag in Kolumbien
Auch der Vatikan wird zu der Unterzeichnung vertreten sein. Er entsendet zur Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation FARC am Montag den 26. September seinen obersten Diplomaten. Wie das vatikanische Presseamt mitteilte, reist Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Nummer zwei im Vatikan nach dem Papst, zu der Zeremonie in die Stadt Cartagena. Auf Einladung der Regierung werde Parolin die "Liturgie" vor der Unterzeichnung leiten, um für die Einheit und Aussöhnung des Landes zu beten.
Der Vatikan lehnte jüngst das Ansinnen der Konfliktparteien ab, sich direkt am weiteren Friedensprozess in Kolumbien zu beteiligen. Papst Franziskus begrüße zwar den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Jedoch wolle er keinen Gesandten für ein Komitee benennen, das die Richter eines Sondergerichts im Rahmen des Friedensprozesses nominieren soll. Mit Blick auf den universalen Auftrag der katholischen Kirche und den Charakter des Papstamtes sollten andere Parteien damit betraut werden, teilte der Vatikan Ende August mit. - Papst Franziskus will Kolumbien nach Angaben der dortigen Bischofskonferenz 2017 besuchen.