Umfassend und systematisch ist der Bericht der Bundesregierung zur Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit. Der Bundestag lobte am Freitag die 97-seitige Studie, wobei zahlreiche Parlamentarier Änderungen vorschlugen. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), forderte zudem eine neue Debatte über die Einführung eines Religionsbeauftragten der Bundesregierung.
Vorbild für den Bericht waren die jährliche Studie des US-Außenministeriums mit Länderanalysen sowie der Bericht des EU-Parlaments zur Religions- und Glaubensfreiheit, der sich auf Länder mit schweren Verstößen beschränkt. Die Bundesregierung verfolgt indes einen typologischen Ansatz: Der Bericht soll den Sachstand weltweit "anhand von typischerweise vorkommenden Verletzungen des Menschenrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit durch staatliche und nichtstaatliche Akteure" illustrieren.
Diskussion über Systematik
Für Kauder und den Grünen-Politiker Volker Beck ein Kritikpunkt. Beide befürworteten Länderanalysen. Dies sei vollständiger und, so Beck, ermögliche es, negativen Entwicklungen in Ländern präventiv zu begegnen. Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe begrüßte dagegen die Systematik.
Die Staatsministerin im Außenamt, Maria Böhmer (CDU), begründete den Ansatz damit, dass die Regierung so die Rechtsetzung anderer Länder unterstützen und Strukturen etwa für den religiösen Dialog fördern könne. Als Quellen greift der Bericht auf die genannten Studien und UN-Berichte zurück; erwähnt wird auch der "Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit" der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Vor allem aber nutzt er Datenerhebungen an 93 deutschen Auslandsvertretungen im Oktober 2015. Kauder beklagte, dass "fast nichts»" zur Christenverfolgung aufgeführt werde.
Umgang mit religiösen Symbolen
Zunächst erläutert die Studie die komplexe Dimension der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Das zeigt ein erster Blick auf den Umgang mit religiösen Symbolen: In Frankreich ist das deutlich sichtbare Tragen religiöser Symbole an Schulen verboten, in Saudi-Arabien ist das sichtbare Tragen von nichtislamischen religiösen Abzeichen untersagt, und in China dürfen Staatsangestellte und Parteifunktionäre sowie Lehrer und Schüler keine religiösen Symbole tragen.
Allerdings stehen die Verbote in unterschiedlichen Kontexten, vom staatlichen Laizismus über den religiös verfassten Staat bis zur atheistischen Staatsideologie. Deutlich wird dies beim Recht auf Religionswechsel: Während dies in Frankreich kein Problem darstellt, weist der Bericht darauf hin, dass "Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung zum Teil drakonische Strafen für die öffentliche Abkehr vom Islam" vorsehen, etwa bei Konversionen. Das gilt nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Afghanistan, Brunei, Iran, Jemen, Malediven, Mauretanien, Sudan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Ländern wie Ägypten, Jordanien oder Marokko nehmen die Behörden die Abkehr vom Islam "administrativ schlicht nicht zur Kenntnis".
Formen der Diskriminierung sind vielfältig
Der Bericht zeigt unterschiedliche Diskriminierungsformen auf, etwa familien- und erbrechtliche Folgen sowie soziale Stigmatisierung. In der Türkei werden nichtmuslimische Religionsgemeinschaften nicht als juristische Personen registriert. Thematisiert werden aber auch andere Staaten, in denen im Namen einer vorherrschenden Religion Menschen anderen Glaubens unterdrückt, verfolgt oder diskriminiert werden, vom Buddhismus über den Hinduismus bis zur christlichen Orthodoxie.
Zur Sprache kommt auch das Vorgehen gegen "nichtkonforme" Personen wie Religionskritikern, Freidenkern und Atheisten. Ebenso erwähnt die Bundesregierung die Diskriminierung von Homosexuellen aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen.
Deutschland ist nicht eigener Berichtsgegenstand, findet aber Erwähnung. Die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach verwies am Freitag dezidiert auf die aktuelle Lage in Deutschland. Viele Flüchtlinge, die nach Deutschland kämen, wüssten nicht, was religiöse Toleranz sei. Ihr Parteikollege Heribert Hirte beklagte indes fehlende Kenntnis über Religion in der deutschen Gesellschaft. Das erschwere das Verständnis für Andersgläubige.