Dieses soll medizinische Gutachten sicherer machen. Die bisherige "Geschäftsordnung für den medizinischen Rat der Kongregation für Heiligsprechungsverfahren" stammt aus dem Jahr 1976 und wurde 1983 nachgebessert - verständlich, dass nach 40 Jahren eine "sprachliche und verfahrensmäßige Anpassung" fällig war, wie der Sekretär der Kongregation, Erzbischof Marcello Bartolucci, erläutert. Aber es gibt auch einige Neuerungen. Ziel ist offenbar, den Umgang mit der sensationsträchtigen Materie besser gegen Zweifel zu wappnen.
Die katholische Kirche braucht Wunder immer wieder. Damit die Verehrung verstorbener Glaubensvorbilder nicht wild ins Kraut schießt, hat der Heilige Stuhl ein Selig- und Heiligsprechungsverfahren eingerichtet. Es soll sicherstellen, dass das hohe sittliche Ansehen der Betreffenden begründet und ein öffentlicher Kult legitim ist. Als ein Beweis dafür dienen Wunder, die auf Fürsprache der Heiligen gewirkt werden - "ein 'Fingerzeig Gottes', der sozusagen das menschliche Urteil über ihre Heiligkeit im Leben ratifiziert", so Bartolucci.
Frühe Prüfverfahren
Im Mittelalter genügte ein Katalog wundersamer Vorkommnisse, um jemanden zur Ehre der Altäre zu erheben. Aber schon zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert bildete sich ein Prüfverfahren; die Heiligsprechung des Mailänder Erzbischofs Karl Borromäus 1610 markiert vermutlich den ersten Fall, in dem die Berichte von Heilungswundern auch von Medizinern geprüft wurden. Papst Innozenz IX. machte das 1678 zur Pflicht, und 1743 erscheint in den vatikanischen Akten erstmals ein medizinischer Sachverständigenrat als festes Gremium.
Das Kirchenrechtsbuch von 1917 schrieb vor, dass die theologische Bewertung, ob ein außergewöhnliches Ereignis als Wunder anzusehen ist, erst nach dem wissenschaftlichen Gutachten zu erfolgen hat.
Damit ist auch die bis heute gültige Aufgabenteilung festgelegt: Naturwissenschaftler äußern sich nur zu den Fakten; deren Deutung ist Sache der Theologie.
Fokus liegt auf Heilungswundern
Die am Freitag veröffentlichte neue Geschäftsordnung des Gutachter-Komittees soll nun die Sicherheit im Urteil erhöhen. Der Fokus liegt auf den Heilungswundern, dem häufigsten Wundertyp. Für andere unerklärliche Vorkommnisse ist ein eigenes Expertengremium vorgesehen.
Die medizinischen Gutachter - ausgewiesene Fachleute von untadeligem Ruf - werden jeweils auf fünf Jahre vom Präfekten der Heiligsprechungskongregation ernannt. Er bestimmt auch den Vorsitzenden des Gremiums, der nach einer ersten fünfjährigen Amtszeit nur einmal verlängert werden kann.
Aufgabe der Experten ist ausschließlich, bei angeblich unerklärlichen Heilungen ein wissenschaftliches Gutachten zu erarbeiten sowIe Zweifel und Einwände zu klären. Das Verfahren sieht vor, dass jeweils zwei Fachleute unabhängig voneinander einen Fall untersuchen; kommt wenigstens einer zu dem Ergebnis, die Heilung widerspreche jeder medizinischen Erfahrung, wird die Sache im Kreis von sieben, mindestens sechs Medizinern diskutiert. Teilen fünf beziehungsweise vier von ihnen die Auffassung von der Unerklärlichkeit, sind die Theologen dran.
Das ist die glatte Variante. Das Regelwerk benennt aber auch die Kriterien, wann ein angebliches Wunder aus dem Verfahren fällt.
Mutmaßliches Wunder hat drei Chancen der Anerkennung
Zweifeln schon die beiden beauftragten Gutachter am übernatürlichen Charakter, wird ein dritter hinzugezogen; bleibt auch er skeptisch, ist der Fall vom Tisch. Wenn hingegen ein Wunder in der Abstimmung des Gremiums scheitert, kann die Heiligsprechungskongregation ein neues Gremium mit der Prüfung beauftragen. Das mutmaßliche Wunder hat drei solcher Chancen, dann ist Schluss.
Der Vatikan will weiter jede Beeinflussung der Mediziner durch die Antragsteller oder den Anwalt einer Selig- oder Heiligsprechung unterbinden. Jeglicher Kontakt ist verboten; etwaige Bitten um weitere Dokumente haben ausschließlich über den Untersekretär der Heiligsprechungskongregation zu laufen. Eine Kleinigkeit zum Schluss: Die finanzielle Vergütung für die Gutachter wird künftig nur per Überweisung gezahlt. Auch hier soll niemand Grund zum Zweifel haben.