TV-Duell in den USA

Katholiken in den USA wohl für Clinton

Trump oder Clinton? Ganz besonders für die Katholiken in den USA ist das eine schwierige Frage. Wir haben darüber mit dem Jesuitenpater und Philosophen Prof. Godehard Brüntrup in den USA gesprochen.

Donald Trum und Hillary Clinton bei ihrem ersten TV-Duell / © Justin Lane (dpa)
Donald Trum und Hillary Clinton bei ihrem ersten TV-Duell / © Justin Lane ( dpa )

domradio.de: Sie haben das TV-Duell live verfolgt, was bleibt bei Ihnen hängen: Wer geht da als Sieger raus?

Prof. Godehard Brüntrup, S.J: Man konnte erwarten, dass Frau Clinton versierter ist - sie ist die erfahrenere Außenpolitikerin. Trump ist einfach nicht so erfahren in der Politik. Überraschend war, dass sie im TV-Duell aggressiver war als er. Man hat vorher gedacht: Trump wird ausfällig und aggressiv, er blieb aber sachlich und freundlich und sie hat ihn sehr stark angegriffen - wohl in der Hoffnung, ihn so herauslocken zu können, damit er ausfällig wird oder die Kontrolle verliert. Den Gefallen hat er ihr aber nicht getan. Dass Trump wie mit angezogener Handbremse gefahren ist, war für mich die größte Überraschung.

domradio.de: Weil die beiden Kandidaten in den Umfragen ja ganz nah beieinander liegen, wird der Debatte eine besondere Bedeutung beigemessen: Sie könnte das Wahlergebnis beeinflussen. Glauben Sie, dieses Duell hat tatsächlich so viel Macht?

Prof. Brüntrup: Es ist nur ein Duell von mehreren. Man muss jetzt abwarten, wie sich das entwickelt. Beim letzten Mal hat Obama das erste Duell gegen Romney sehr klar verloren und hat dann trotzdem die Wahl noch gewonnen. Hier würde ich sagen, hatte Clinton die Nase vorn - zwar nicht so klar wie Romney beim Duell vor vier Jahren, aber man darf das Duell auch nicht überbewerten. Es kommen noch weitere zwei Debatten und diese Duelle sind ja auch nicht das einzige, was den Wahlkampf ausmacht. Ich würde sagen, dass Clinton bei diesem ersten Duell insgesamt etwas gepunktet hat.

domradio.de: Gucken wir mal aus christlicher Sicht darauf: Trump vertritt keine christlichen Positionen und Clinton ist unter anderem für ein Abtreibungsrecht. Was macht man da als katholischer Wähler am Wahltag?

Prof. Brüntrup: Für die Katholiken ist die Situation in den USA sehr schwierig, weil beide Parteien in vielen Positionen außerhalb der Lehre der Kirche stehen. Bei den Republikanern ist das vor allen Dingen die Sozialpolitik, bei der sie nicht auf dem Boden der katholischen Soziallehre stehen und einen ziemlich liberalen Kapitalismus predigen. Bei den Demokraten ist es so, dass sie in vielen Fragen, zum Beispiel was das extrem liberale Abtreibungsrecht angeht, das wir uns gar nicht in der Weise vorstellen können, oder auch was Fragen der Homo-Ehe angehen, nicht die Position der katholischen Kirche vertreten. Hier müssen die Katholiken abwägen. Das war immer so in den letzten Jahrzehnten: Derjenige, der die Mehrheit der Katholiken bekommen hat, wurde auch Präsident. Momentan sieht es so aus, als würde die Mehrheit der Katholiken sagen: "Obwohl wir einige Bedenken gegen Clinton haben und in vielen Dingen auch anderer Meinung sind, sind wir eher für sie, weil Trump uns zu unberechenbar ist und vom Charakter her zu wenig geeignet, um Präsident zu werden." Also unter den Katholiken hat Frau Clinton momentan einen deutlichen Vorsprung.

domradio.de: Jetzt hat Trump dagegen gearbeitet und hat extra noch einen Beraterstab von 33 konservativen Katholiken einberufen, darunter zwei US-Botschafter im Vatikan. Wird ihm das noch was bringen?

Prof. Brüntrup: Das kann ihm durchaus was bringen. Es werden ja einige Richterposten im Obersten Gericht, dem US Supreme Court, neu besetzt werden: Da ist die Angst groß, dass Frau Clinton an die Macht kommt, in all diesen Fragen - Abtreibung und weite Grundlagenfragen - sehr liberale Richter von ihr nominiert und dann berufen werden, die dann die Politik auf Jahrzehnte bestimmen. Da gibt es einige, die sagen: "Mag der Trump so verrückt sein, wie er will, er wird uns konservative Leute in das Oberste Bundesgericht setzen. Und deshalb wählen wir ihn." Aber das ist natürlich ein gefährliches Spiel. Da nimmt man einiges an Risiko in Kauf, nur um einen wohlgesonnenen Richter in den Obersten Gerichtshof zu bekommen.

domradio.de: Zum Abschluss Ihre Einschätzung: Wer wird gewinnen?

Prof. Brüntrup: Momentan ist es so, dass in den entscheidenden fünf oder sechs Staaten im Großen und Ganzen Frau Clinton noch etwas vorne liegt. Die Wahl ist aber knapp und noch nicht sicher. Ich würde im Moment - wenn ich wetten müsste - auf Frau Clinton wetten. Aber ich sage dazu: Es ist noch nicht entschieden.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR