Mit einem Festakt in der Dresdner Semperoper ist am Montag an die Wiedervereinigung Deutschlands vor 26 Jahren erinnert worden. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) rief in seiner Ansprache zu mehr Optimismus im Land auf. Deutschlands Demokratie sei "in besserer Verfassung als jemals zuvor". Das Land stehe vor Herausforderungen, "die wir bewältigen müssen und können", betonte Lammert vor rund 1.000 geladenen Gästen.
Dabei forderte der Bundestagspräsident dazu auf, in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung "Mindestansprüchen der Zivilisation" zu genügen. Dazu zählten Respekt, Toleranz und die Achtung vor dem Rechtsstaat, vor der Meinungs- und vor der Religionsfreiheit.
"Tag der Freude"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Rande der Feierlichkeiten, für die allermeisten sei der Tag der Deutschen Einheit ein Tag der Freude und Dankbarkeit. Sie wünsche sich, das vorhandene Probleme gemeinsam und in gegenseitigem Respekt gelöst werden. Die Menschen sollten miteinander im Gespräch bleiben, so Merkel.
Die Einheitsfeier hatte am Vormittag mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Dresdner Frauenkirche begonnen. Neben Merkel nahmen auch Gauck und der Präsident des Bundesverfassungsgericht Andreas Voßkuhle sowie zahlreiche Ministerpräsidenten daran teil.
"Sehnsucht nach Freiheit"
Der Bischof des Bistums Dresden-Meißen Timmerevers würdigte die Wiedervereinigung als "atemberaubendes Ereignis". Der katholische Bischof fügte hinzu: "Dass die Sehnsucht nach Freiheit sich ohne Blutvergießen eine Bahn brechen konnte, ist ein solches Geschenk, das wir als gläubige Menschen bei all unserem Mühen als Gabe Gottes sehen dürfen."
Timmerevers nannte das Leben in Freiheit "ein großes Geschenk". Er erinnerte daran, dass 70 Prozent aller Menschen in Staaten lebten, in denen die Religionsfreiheit "großen Bedrängnissen" unterworfen sei. "Vielleicht suchen auch deswegen so viele Menschen Schutz und Geborgenheit in Europa", so der Bischof. Vor allem Christen seien herausgefordert, "helfend und heilend sich dem Menschen zuzuwenden, der in Not ist".
Frieden nicht selbstverständlich
Auch Rentzing betonte, der Friede sei "keine Selbstverständlichkeit" und "mehr als die Abwesenheit von Krieg". Zu einem wahren Frieden gehörten auch Gerechtigkeit und Freiheit, betonte Sachsens evangelisch-lutherischer Landesbischof. Er mahnte, sich vor allem am Nationalfeiertag "selbstkritisch zu fragen, was wir zum Frieden beitragen, wenn Menschen beleidigt und ausgegrenzt werden". "Es würde sehr viel Gutes bewirken, wenn wir in den Fragen, die unser Land beunruhigen, nach solchem Frieden strebten, solchem Frieden nachjagten", fügte Rentzing hinzu.
Frauenkirchen-Pfarrer Sebastian Feydt hatte zuvor daran erinnert, dass die friedliche Revolution in der DDR und die Wiedervereinigung für viele "Erfahrungen von Verlust und Zukunftsangst" mit sich gebracht hätten. Dies führe auch zu Aggression und Gewalt, so Feydt mit Hinweis auf die Sprengstoffanschläge vor einer Woche auf eine Moschee und ein Kongresszentrum in Dresden. An dem Gottesdienst wirkten unter anderen auch der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos und Schüler des katholischen Dresdner Sankt-Benno-Gymnasiums mit.
Demonstrationen am Rande der Festmeile
Die Einheitsfeier fand in diesem Jahr unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Das am Samstag eröffnete dreitägige Bürgerfest in der Dresdner Innenstadt stand unter dem Motto "Brücken bauen". Begleitet wurden die Feierlichkeiten am Montag von mehreren Demonstrationen, unter anderem von der flüchtlings- und islamfeindlichen "Pegida"-Bewegung. Bis zu 2.600 Polizisten waren im Einsatz.
Am Morgen waren Merkel und andere Gäste bei ihrer Ankunft vor der Frauenkirche in Dresden lautstark beschimpft worden. Am Rande des Sicherheitsbereiches am Neumarkt riefen Demonstranten "Merkel muss weg" und "Volksverräter".
Brandanschlag und Pöbeleien
Am Rande Feierlichkeiten sorgten am Sonntag ein Brandanschlag auf drei Polizeifahrzeuge sowie Pöbeleien gegen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) für Aufregung. Der Politiker hatte Muslime zum islamischen Neujahrsfest ins Rathaus eingeladen und wurde anschließend von Pegida-Anhängern beschimpft. Während Tausende nebenan auf der Ländermeile friedlich feierten, wurde Hilbert mit "Hau ab"- und "Volksverräter"-Rufen empfangen, Frauen mit Kopftuch ausgebuht.