Fast stündlich gibt es neue Schreckensnachrichten: Hurrikan Matthew hat auf seiner Spur durch die Karibik eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Wie schwer die Insel tatsächlich getroffen ist, weiß offenbar noch niemand so recht. Auch drei Tage nach dem Durchzug des "Monster-Sturms" wie ihn lokale Medien nennen, steigt die Zahl der Opfer weiter an. Laut Berichten vom Freitag (Ortszeit) sollen inzwischen bis zu 400 Menschen ums Leben gekommen sein.
Bei der Versorgung der Überlebenden machen vor allem die Auswirkungen der enormen Wassermengen den Helfern zu schaffen. Durch die heftigen Regenfälle sind zahlreiche Straßen und Brücken unpassierbar. Das bettelarme Land verfügt ohnehin nur über ein dünnes Straßennetz.
Angst vor Seuchen
Experten befürchten zudem eine Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera oder Dengue-Fieber. Schon das verheerende Erdbeben von 2010 brachte eine Cholera-Epidemie, eingeschleppt von Blauhelm-Soldaten aus Nepal.
Tragische Geschichten gibt es auch so zuhauf. Wie jener Fall aus der Gemeinde Cavaillon. Der Bürgermeister der Stadt berichtete von einer Frau und ihrer sechsjährigen Tochter, die versucht hätten, in einer Kirche Schutz zu suchen. Dann habe aber der Wind die Mutter und das Kind wie Spielzeugfiguren durch die Luft gewirbelt. Insgesamt zwölf Tote seien zu beklagen; die Stadtverwaltung rechnet mit weiteren Opfern.
Präsidentschaftswahlen verschoben
Auch auf die politische Lage im Land hat der Sturm Einfluss genommen. Die Präsidentschaftswahlen werden wieder einmal verschoben. Bereits seit Monaten warten die Haitianer darauf, ihre Stimme abgeben zu dürfen. Leopold Berlanger, Vorsitzender der Wahlbehörde, zeigte sich pessimistisch: "Im Moment können wir die Verteilung des dafür notwendigen Materials nicht gewährleisten."
Unterdessen wurde bekannt, dass der Hurrikan in den besonders betroffenen Gebieten im Süden und Nordwesten durchschnittlich 80 Prozent der Ernte vernichtete. Deswegen droht eine Ernährungskrise.
Weltweite Anteilnahme
Laut UN-Angaben sind rund 350.000 Menschen auf rasche Hilfe angewiesen. Die Bundesregierung stellte 600.000 Euro zur Verfügung, um Notleidende mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Notunterkünften zu versorgen. Papst Franziskus zeigte solidarisch mit den Opfern des Hurrikans. Er nehme Anteil am Schmerz derer, die um einen geliebten Menschen trauern, und sei denen nahe, die ihre Wohnung und ihre Habseligkeiten verloren haben, heißt es in einem Telegramm des vatikanischen Staatssekretariats an den Vorsitzenden der Haitianischen Bischofskonferenz, Kardinal Chibly Langlois.
Das Bündnis Entwicklung Hilft, dem unter anderem die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt angehören, stellte 250.000 Euro bereit. In manchen Orten wurden den Angaben zufolge mehr als 90 Prozent der Häuser beschädigt. Weitere Hilfen seien dringend erforderlich.
Hilfe aus Deutschland
Das Erzbistum Bamberg, das seit 50 Jahren eine Partnerschaft mit Haiti unterhält, stellt nach eigenen Angaben 30.000 Euro Nothilfe bereit; das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat kündigte in Essen 45.000 Euro Soforthilfe für Hurrikan-Opfer in Haiti und Kuba an. Das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" hilft mit 50.000 Euro den Kindern vor Ort.
Derzeit bewegt sich "Matthew" entlang der Südostküste der USA. Die Gefahr ist nach Ansicht der US-Behörden noch nicht gebannt. Das Zentrum des Sturms könne in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) noch einmal zurückkehren. Schon jetzt sprechen manche Meteorologen von dem stärksten Wirbelsturm seit fast einem Jahrzehnt.