Evangelischer Professor will Kirchenmusik aufmischen

Frischer Pop statt Orgel?

Kirchenmusik ist in der Regel von Orgelklängen dominiert. Es gibt aber auch in vielen Gemeinden Engagierte, die sich um andere Klänge bemühen. So setzt ein evangelischer Professor jetzt poppige Akzente in der Kirchenmusik.

Orgel: klassisches Intstrument in der Kirche / © Jörg Loeffke (KNA)
Orgel: klassisches Intstrument in der Kirche / © Jörg Loeffke ( KNA )

domradio.de: Was genau lehren Sie da an der Evangelischen Pop-Akademie in Herford?

Prof. Hartmut Naumann (Studienleiter des Hochschulzweigs der Evangelischen Popakademie und Prorektor der Hochschule für Kirchenmusik in Herford): In unserem neuen Kirchenmusik-Studiengang ist das Hauptfach nicht die Orgel in erster Linie, sondern man kann das Hauptfach Klavier oder Gitarre wählen. Und man hat dann Fächer wie Bandleitung, Groove & Percussion, Chorleitung im Bereich Jazz, Rock, Pop, Gospel... Man beschäftigt sich überhaupt in ganz vielen verschiedenen Fächern mit dem Thema Jazz/Rock/Pop und mit der stilistischen Vielfalt der so genannten Popularmusik.

domradio.de: Popularmusik fasst ja alle Musikrichtungen ein - schließt nichts aus…kann man da bald Death Metal in der Kirche erwarten?

Prof. Naumann: Das ist ja eher eine Randerscheinung, da würde ich ohne weiteres nicht "ja" sagen. Aber es geht ja darum, die verschiedenen Stile, die in der Popularmusik  vorhanden sind, daraufhin zu prüfen und abzuklopfen, was davon tauglich ist, und nicht von vornherein auszugrenzen. Aber natürlich gibt es auch stilistische Randbereiche, wo ich nicht in erster Linie sagen würde ja das sollte man jetzt unbedingt jeden Tag im Gottesdienst spielen.

domradio.de: Was können denn andere Stilrichtungen und andere Musikinstrumente besser im Vergleich zur Orgel?

Prof. Naumann: Es geht auch hier nicht um besser oder schlechter. Es geht darum, dass Leute, die bei uns in den Kirchenbänken sitzen, unterschiedliche kulturelle Welten mitbringen und sich von verschiedenen Musiken, Rhythmen usw. berühren lassen. Und das ist nicht zur bezogen auf die traditionelle Musik. Es gibt viele Menschen, die sich da zu Hause fühlen. Es gibt aber auch viele Menschen, und die haben wir auch in unseren Kirchen, die wollen wir auch in unseren Kirchen haben, die sich durch Funkrhythmen, durch Popmelodien, durch Jazzgrooves berühren lassen. Darum geht's eigentlich.

domradio.de: Neun Pioniere haben jetzt begonnen mit dem Studiengang "Kirchenmusik popular". Wie ist das angelaufen?

Prof. Naumann: Die Studenten sind hochmotiviert und das Dozententeam ebenso. Es ist in der Tat eine Art Pioniergeist vorhanden. Wir wollen das natürlich so gut wie möglich machen und alle sind sehr intensiv bei der Sache. Die Reaktionen sind meistens positiv. Es gibt viele, die uns quasi virtuell auf die Schulter klopfen und sagen "toll dass es sowas gibt, das ist wirklich lange überfällig". Aber es gibt natürlich auch Skeptiker, die sagen "was passiert da mit der Kirchenmusik gerade", "was passiert mit diesem Berufsbild?", "müssen wir davor Angst haben, dass in Zukunft keine Orgeln mehr gespielt dürfen und alles nur noch von E-Gitarre ersetzt wird" oder so. Diese Stimmen gibt es also auch. Aber wir sind ja quasi angetreten, den Beweis vorzulegen, dass es funktionieren kann mit gut gemachter Popularmusik in der Kirche Kirchenmusik zu betreiben. Und das neben und mit vorhandener traditioneller Kirchenmusik.

Das Interview führte Verena Tröster.


Prof. Hartmut Naumann / © Naumann (dpa)
Prof. Hartmut Naumann / © Naumann ( dpa )
Quelle:
DR