Hilfswerke warnen vor wachsender Cholera-Gefahr in Haiti

Zugang zu Wasser fehlt

In Haiti wächst nach dem Wirbelsturm "Matthew" laut Helfern die Gefahr einer Cholera-Epidemie. "Ein riesiges Problem ist die Wasserversorgung", sagte der Lateinamerika-Referent des katholischen Hilfswerks Misereor, Heinrich Oelers.

UN-Blauhelme auf einer Straße in Haiti  / © Orlando Barria  (dpa)
UN-Blauhelme auf einer Straße in Haiti / © Orlando Barria ( dpa )

"Damit ist auch das Risiko für Infektionskrankheiten groß", sagte Oelers, der katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag.  Zu den mehr als 500 Opfern, die der Wirbelsturm selbst gefordert habe, könnten zahlreiche weitere Tote durch sich ausbreitende Infektionskrankheiten hinzukommen. "Das kann mittelfristig schlimmer sein als die Gewalt, die der Hurrikan erzeugt hat", sagte Oelers, der sich in der vergangenen Woche selbst ein Bild von der Lage im Land gemacht hatte.

Saatgut wichtig

Besonders betroffen von den Verwüstungen durch den Wirbelsturm seien ländliche und bergige Regionen im Westen und Südwesten des Landes, die schwer zugänglich und deshalb für Helfer nur begrenzt erreichbar seien, so Oelers. Die Menschen dort litten vor allem unter dem Verlust ihrer Ernte. Empfindliche Kulturen wie Mais, Bohnen und Gemüse seien zerstört worden, die Felder verwüstet.

Kurzfristig benötigten die Menschen Nahrungsmittelhilfen, allerdings dürfe dies nicht das einzige Mittel bleiben. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute wieder aussäen und pflanzen können", betonte Oelers. Dafür sei die Bereitstellung von lokalem, angepasstem Saatgut wichtig. "Wenn man jetzt aussät, dann kann man in drei Monaten wieder ernten. Dann ist die Nahrungsmittelversorgung gesichert."

Zugang zu sauberem Wasser

Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat sich die Zahl der Erkrankungsfälle mit täglich rund 140 im Vergleich zur Zeit vor dem Wirbelsturm fast verdoppelt. Die dringlichste Aufgabe sei es, den Menschen wieder Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen, sagte die Leiterin des DRK-Büros in Haiti, Caterina Becorpi, am Donnerstag.

Durch den Sturm und die Überschwemmungen seien vielerorts Infrastruktur und Wasserleitungen zerstört worden. Aufgrund versperrter oder verschütteter Straßen könnten Helfer noch immer nicht in alle betroffenen Gebiete vordringen. "Neben der Vorbeugung von Cholera ist es aktuell unser Hauptziel, Zugang zu allen der insgesamt rund eine Million Betroffenen zu schaffen und Hilfe zu den Menschen auch in entlegenen Regionen zu bringen", so Becorpi. Noch immer lägen nicht alle Informationen über das tatsächliche Ausmaß der Schäden vor.

Schutz für Tiere und Vorräte

Die Menschen in den verwüsteten Gebieten benötigten zudem dringend Unterstützung beim Wiederaufbau. Zahlreiche Häuser seien komplett zerstört oder schwer beschädigt. "Die Menschen brauchen Schutz gegen den Regen, nicht nur für sich, sondern auch für die Tiere und ihre Vorräte."

Ein langfristig Thema in Haiti sei eine den klimatischen Bedingungen angepasste Landnutzung. Starke Niederschläge und Trockenphasen im Wechsel sowie intensive Nutzung und Abholzung führten zu einer starken Erosion des Bodens. Dadurch seien Schäden durch Orkane besonders massiv, betonte der Misereor-Experte. Verhindert werden könne dies etwa durch eine dichte Vegetationsdecke. Hier müssten Präventionsmaßnahmen ansetzen.

Mehr als 1,4 Millionen brauchen Hilfe

Der Hurrikan "Matthew" war Anfang Oktober auf Haiti getroffen und hatte dort schwere Schäden angerichtet. Offiziellen Zahlen zufolge starben mehr als 500 Menschen; mehr als 175.000 wurden obdachlos. Laut den Vereinten Nationen sind 1,4 Millionen Menschen in Haiti auf Hilfe angewiesen, mehr als 40 Prozent von ihnen Kinder.

 


Quelle:
KNA , epd