Seit 2008 war es vorbereitet worden, nun hat es offiziell begonnen: Ein ganzes Jahr - bis zum 31. Oktober 2017 - soll unter dem Vorzeichen des "Reformationsjubiläums" stehen. Es ist eine Angelegenheit nicht nur der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sondern auch des Staates.
Deshalb gab es am Montag gleich zwei Eröffnungsveranstaltungen in Berlin: Einen Festgottesdienst und einen anschließenden Staatsakt "500 Jahre Reformation". Mit einer großen Schnittmenge von gemeinsamen Teilnehmern - Bundespräsident Joachim Gauck, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sowie Spitzenvertreter der Kirchen. Aber an getrennten Orten. Der Gottesdienst fand in der Marienkirche am Alexanderplatz statt, der ältesten noch sakral genutzten städtischen Pfarrkirche in der historischen Mitte Berlins; der Staatsakt dann im Konzerthaus am Gendarmenmarkt.
Zahlreiche ökumenische Gäste
Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hob beim Gottesdienst die ökumenische Ausrichtung als "Christusfest" hervor, die das aktuelle Gedenkjahr grundlegend von seinen Vorgängern unterscheidet. Unübersehbar war dies bereits an den zahlreichen ökumenischen Gästen, darunter der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sowie der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch und der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos, die beide eine Fürbitte sprachen.
Einen besonderen Akzent erhielt die Feier wegen der Verleihung der Martin-Luther-Medaille der EKD erstmals an einen Katholiken: den früheren Mainzer Bischof und langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Er habe "sehr bald für das Reformationsjubiläum als ökumenische Chance geworben, zu einem Zeitpunkt als die Zurückhaltung und Skepsis in Ihrer Kirche noch sehr stark war", sagte Bedford-Strohm in seiner Laudatio.
Kirchenspaltung vs. Jubiläumsfeier
Angesichts der lange diskutierten Frage, ob eine "Jubiläumsfeier" angesichts von Kirchenspaltung und Religionskriegen angemessen sei, wiederholte der Ratsvorsitzende: "Es ist beides, ein Gedenken und ein Jubiläum; wir haben gelernt, dass beides nicht gegeneinander ausgespielt werden darf."
Bedford-Strohm hob auch die Teilnahme von Papst Franziskus am gemeinsamen Gottesdienst mit dem Lutherischen Weltbund zur gleichen Stunde im schwedischen Lund hervor. Unter Beifall sagte er: "Wir winken heute in großer Freude zu unseren Geschwistern nach Lund hinüber." Später erklärte er: "2017 ist eine historische Chance auf dem Weg zur Einheit der Kirchen. Wie sehr ihm der ökumenische Weg am Herzen liegt, das hat Papst Franziskus heute erneut deutlich gemacht."
"Kulturereignis von Weltrang"
Dass das Reformationsgedenkjahr nicht nur ein Thema der Kirche ist, machte der anschließende Festakt deutlich. Grütters bezeichnete die Reformation als "Kulturereignis von Weltrang" - und damit Grund genug für die Bundesregierung, für Kulturprojekte und die Sanierung authentischer Reformationsstätten von 2011 bis einschließlich 2017 nahezu 44 Millionen Euro allein aus ihrem Haushalt zur Verfügung zu stellen, so die Kulturstaatsministerin.
Mehr als 1.000 Veranstaltungen stehen in den kommenden 365 Tagen an, darunter drei nationale Ausstellungen. Kirchentage, eine "Weltausstellung der Reformation" in Wittenberg und ein internationales Jugendcamp mit erwarteten 25.000 Teilnehmern sollen Ströme von Touristen in das Kernland der Reformation locken.
Festrede des Bundespräsidenten
Bundespräsident Gauck betonte in seiner Festrede, "dass unser Gemeinwesen dieses ja zunächst kirchliche Ereignis außerordentlich wichtig nimmt. Wir vermischen hier nicht unzulässigerweise die kirchliche und die staatliche Sphäre, sondern der Staat erkennt an, dass auch er selber, in seiner Geschichte und Vorgeschichte, in vielfacher Weise von der Reformation und ihrer Wirkungsgeschichte geprägt ist."
Die heutige Gestalt des Gemeinwesens in Deutschland, zeigte sich der ehemalige evangelische Pastor überzeugt, sei "ohne die christlichen Kirchen nicht denkbar. Und sie ist nicht denkbar ohne die Reformation."