Integrationsministerin gegen "pauschales Verbot" von Kinderehen

Warnung vor "sozialem Abseits"

In der Debatte um Kinderehen von jungen Migranten und Flüchtlingen in Deutschland spricht sich Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, gegen ein generelles Verbot aus - und warnt vor möglichen Folgen.

Özoguz für Einzelfallprüfung bei Kinderehen / © Harald Oppitz (KNA)
Özoguz für Einzelfallprüfung bei Kinderehen / © Harald Oppitz ( KNA )

"Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nach deren Recherchen ist die Zahl der Eheschließungen von Minderjährigen in Deutschland auf zuletzt 92 Fälle im Jahr 2015 stark gesunken.

SPD kontert CDU

Özoguz warnte vor den Folgen einer Rechtsverschärfung für die jungen Frauen: "Werden ihre Ehen aberkannt, verlieren sie unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche, ihre Kinder wären unehelich, für viele würde das sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen." Mit ihrer Kritik an einem generellen Verbot von Kinderehen hat sich Özoguz hinter Justizminister Heiko Maas (SPD) gestellt. Die Unionsfraktion im Bundestag will Eheschließungen unter 18 Jahren dagegen ohne Ausnahme verbieten - auch für deutsche Jugendliche.

Die Bundesregierung will gegen Kinderehen vorgehen. Dafür wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die im September ihre Arbeit aufnahm. Die Debatte war durch den Flüchtlingszuzug aufgekommen. Nach jüngsten Zahlen sind in Deutschland 1.475 verheiratete Jugendliche registriert; davon waren zum Stichtag im Juli 361 jünger als 14 Jahre.

Kinderehen in islamischen Ländern noch verbreitet

In islamischen Ländern wie Afghanistan kommt es immer noch vor, dass Eltern ihre minderjährigen Töchter verheiraten. In Deutschland dürfen Jugendliche ab 16 Jahren heiraten. Voraussetzung ist aber, dass der andere Ehepartner volljährig ist und eine Genehmigung des Familiengerichts vorliegt.

Rückläufige Zahlen

Die meisten minderjährig Verheirateten in Deutschland sind Syrer sowie viele Afghanen und Iraker. Die Zahl der in Deutschland abgeschlossenen Ehen mit minderjährigen Partnern sei dagegen seit Jahren deutlich rückläufig, berichtet die Funke-Mediengruppe unter Berufung auf das Statistische Bundesamt. Gab es demnach im Jahr 2000 noch 1.073 Eheschließungen von unter 18-Jährigen, waren es 2005 noch 377 und 2015 nur 92 Hochzeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.


Philologin Aydan Özoguz / © Kay Nietfeld (dpa)
Philologin Aydan Özoguz / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
KNA