domradio.de: Sie sind dort hingereist nach Malta. Sie sind mehr oder weniger privat dort hingefahren. Was haben Sie da gemacht?
Pfarrer Regamy Thillainathan (Erzbistum Köln): Ich habe einige Freunde besucht. Ich hatte das große Glück, dass genau im gleichen Zeitraum die beiden Schiffe - das größere Schiff Phönix und die Responda - angelegt hatten. Ich habe die Gunst der Stunde genutzt und die Crewmitglieder beziehungsweise Retter besucht. Ich konnte mit ihnen ins Gespräch kommen. Sie haben mir von ihren Erfahrungen und von ihren Geschichten erzählt, was sie dort erleben.
domradio.de: Die Zahl der Menschen, die die Flucht antreten, ist insgesamt gesunken. Und dennoch sind in diesem laufenden Kalenderjahr mehr Menschen ertrunken, als im gesamten Jahr zuvor. Ist das auch ein Thema worüber sie mit den Moas-Mitarbeitern gesprochen haben? Wie schätzen sie das ein?
Thillainathan: Sie schätzen das genauso ein, dass zwar offensichtlich für uns in Deutschland die Zahl der Flüchtlinge zurückgeht, aber die Zahl der Menschen die tatsächlich versuchen, über diesen Mittelmeerraum nach Europa zu gelangen, nicht weniger geworden ist. Vielmehr stellen sie fest, dass es sogar noch waghalsigere Manöver gibt.
domradio.de: Was heißt das, woher kommt das?
Thillainathan: Gerade weil ja an vielen Stellen die Grenzen geschlossen sind, sehen sie diese Möglichkeit als eine der letzten Auswegmöglichkeiten und lassen es auf Gefahren ankommen.
domradio.de: Wie ist das für die Helfer, kommen sie an ihre Grenzen?
Thillainathan: Moas ist eine von den Organisationen, die noch übrig geblieben ist. Sie ist aber auch als eine der größeren Global Player schon sehr gefragt und schon sehr am Rande der Möglichkeiten um möglichst vielen zu helfen.
domradio.de: Hier wird es langsam kalt. Wie sieht das im Mittelmeer aus, spielt das Wetter eine Rolle?
Thillainathan: Ja, auch hier spielt das Wetter eine Rolle. Die Witterungsbedingungen werden gegen Winter so schlecht, dass die Schiffe nicht rausfahren können. Es könnte lebensgefährlich für die Helfer und Retter sein, wenn sie sich dann doch in diese Gefilde begeben würden. Und daher werden sie Mitte, Ende Dezember dann pausieren, bis es dann Februar, März dann wieder losgeht. Das war letztes Jahr auch so.
domradio.de: Eigentlich war die Mission als eine kurzfristige Hilfsaktion gedacht. Das sieht aber mittlerweile ganz anders aus?!
Thillainathan: Richtig. Es ist ja ursprünglich mal so gewesen: 2014 haben die Gründer, Christopher und Regina Catrambone und einige andere Engagierte sich die Worte des Papstes zu Herzen genommen. Franziskus war in Lampedusa und hatte die ganze Welt ermahnt nicht tatenlos zuzusehen. Dafür hat dieses Gründer-Ehepaar ihr eigenes Kapital eingesetzt, um das erste Schiff "Phönix" zu kaufen. Sie haben es zu einer schwimmenden Rettungsfestung mit medizinischer Versorgung umgebaut, mit allem Möglichen was dazu gehört. Mit diesem Schiff wurde dann eine 20-tägige Mission gestartet.
domradio.de: … und sie dachten, das würde ein Jahr dauern, vielleicht zwei Jahre?!
Thillainathan: Jetzt sind wir Ende 2016 angekommen und sie stellen fest, ganz im Gegenteil, eine langfristige Lösung, auch eine politische Lösung ist noch lange nicht in Sicht.
domradio.de: Gibt es Ideen, wie man den Menschen langfristig helfen kann?
Thillainathan: Jetzt, wenn die Mission pausiert, werden sie sich zusammensetzen mit verschieden Kooperationspartnern und gemeinsam überlegen, wie sie sich langfristig und mittelfristig aufstellen wollen, um die Rettung vieler Menschen zu ermöglichen. Wir können ja nicht zusehen und dürfen es nicht zulassen, dass Menschen auf der See so ertrinken und menschenunwürdig sterben.
Das Interiew führte Uta Vorbrodt.