Unter den katholischen Bischöfen in Deutschland besteht nach den Worten der Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, Interesse an "synodalen Prozessen" in der evangelischen Kirche. "Die katholischen Bischöfe wollten die Eigenart unserer synodalen Prozesse besser verstehen lernen", sagte Schwaetzer am Sonntag vor der in Magdeburg tagenden Synode der EKD.
Sie bezog sich auf die kürzlich beendete gemeinsame Pilgerreise von Mitgliedern des Rates der EKD und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ins Heilige Land. "Zum Teil war das verbunden mit Überlegungen, synodenähnliche Gremien auch in den Bistümern zu installieren", so Schwaetzer wörtlich. Insgesamt sei das Interesse am Anderen groß gewesen; es sei Vertrauen gewachsen, sagte die EKD-Präses. Und weiter: "Die theologischen Erkenntnisse, die beide Kirchen in den vergangenen 500 Jahren gewonnen haben, zeigen, dass uns weit mehr eint, als uns trennt."
Debatten über Rechtspopulismus und Judenmission
Debatten über Rechtspopulismus und die seit Jahren innerkirchlich umstrittene Judenmission haben den Auftakt der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bestimmt. Weltweit würden rechtspopulistische Bewegungen Ängste schüren, das politische Klima vergiften und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am Sonntag vor dem Kirchenparlament in Magdeburg: "Wir müssen klare Kante zeigen gegenüber allen Versuchen, völkisches Gedankengut und rechtsextremistische Kampfrhetorik in unserem Land wieder salonfähig zu machen." Weltweit würden rechtspopulistische Bewegungen Ängste schüren, das politische Klima vergiften und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.
Zuvor hatte bereits die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann beim Eröffnungsgottesdienst im Magdeburger Dom die anhaltenden Kriege in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten beklagt: "Wenn es doch nur einen Waffenstillstand, wenigstens eine Waffenpause in Syrien gäbe!"
Hassparolen im Internet
Zu Beginn der Tagung wandte sich Bedford-Strohm strikt gegen hasserfüllte Kommunikation im Internet. "Nicht das Gespräch oder der Diskurs mit anderen wird gesucht, sondern eine militante Verstärkung der eigenen Vorurteile und des eigenen Hasses", sagte er in seinem Bericht an die 120 Synodalen. Echte Kommunikation werde zum Versiegen gebracht.
"Es geht nicht um Diskussionsverbote. Um Hetzverbote geht es aber schon", sagte der EKD-Ratsvorsitzende, der selbst auf einer eigenen Facebook-Seite sehr aktiv ist und zudem einen Twitter-Account hat. Wer unter dem "Deckmantel der Meinungsfreiheit" gegen andere hetzt, müsse gestoppt werden.
Schäuble spricht über Flüchtlinge
Schwerpunktthema der viertägigen EKD-Jahrestagung ist "Europa in Solidarität". Mit Bezug auf das Tagungsthema warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Grußwort vor zu harscher Kritik angesichts der zögerlichen Aufnahme von Flüchtlingen in einem Teil der osteuropäischen EU-Mitgliedsländer. "Es hilft nichts", in Europa gebe es sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Flüchtlingen, die Einfluss auf die Politik hätten, sagte Schäuble. Die unterschiedliche Haltung dürfe nicht dazu führen, das "Geschenk" der überwundenen Teilung Europas zu gefährden.
"Wir müssen das verhandeln, verstehen, ausgleichen", sagte Schäuble. Andere Länder dürften nicht überfordert werden. "Und wir müssen unsererseits tun, was wir für geboten halten", sagte der protestantische CDU-Politiker.
Ökumene auf gutem Weg
Der Magdeburger katholische Bischof Gerhard Feige hat die Kirchen dazu aufgerufen, sich in die Gestaltung von Europa einzumischen. "Auf jeden Fall dürfen wir das Thema der Zukunft Europas nicht ausschließlich den Politikern überlassen. Die Kirchen sollten gemeinsam für ein menschenwürdiges Europa eintreten, das sich "durch Nächstenliebe, Solidarität und Vertrauen auszeichnet", sagte der Bischof.
Der "Ökumenebischof" sieht die Kirchen in Deutschland am Beginn des Reformationsgedenkjahrs "auf einem hoffnungsvollen Weg". Eine "ökumenische Lerngeschichte" sei in den vergangenen Jahren der Vorbereitung in Gang gekommen, erklärte Feige in einem Grußwort vor der EKD-Synode.
"Dass wir nun 2017 miteinander ein Christusfest feiern wollen und uns gemeinsam auf den besinnen, der uns die Einheit schenkt und in dem wir schon eins sind, ist eine Frucht dieser konstruktiven Entwicklung", betonte der Bischof des Bistums Magdeburg. Gerade in den Gebieten der ehemaligen DDR, wo christlicher Glaube längst nicht mehr selbstverständlich sei, komme dem Umgang der Kirchen miteinander sowie ihrem gemeinsamen Auftreten eine besondere Bedeutung für ihre Glaubwürdigkeit zu.
Bedürfnis nach Versöhnung
Als "ökumenischen Höhepunkt" wertete Feige den Gottesdienst mit Papst Franziskus und dem Präsidenten des Lutherischen Weltbunds, Bischof Munib Younan, am Reformationstag in Lund. Daran hatte er als Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz teilgenommen. Am Freitag hatten die in Magdeburg versammelten Kirchenparlamentarier aus Deutschland mit dem Bistum Magdeburg in der katholischen Kathedrale Sankt Sebastian einen ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Dies zeige, "wie sehr uns allen die Versöhnung ein Herzensanliegen ist", betonte Feige.
Unterschiede als Bereicherung
Im Ratsbericht verteidigte auch Bedford-Strohm die starke ökumenische Ausrichtung der Feiern zum 500. Reformationsjubiläum. Die Sorge, dass bei einer allzu großen Annäherung der Protestanten an die Katholiken das reformatorische Profil der evangelischen Kirche in einer Einheitskirche verschwinden könnte, sei unbegründet, sagte er: "Das Ziel ist vielmehr Einheit in versöhnter Verschiedenheit."
"Es geht um eine Gemeinschaft der Kirchen, die Differenzen nicht als Bedrohung, sondern als potenziellen Reichtum sieht", sagte der bayerische Landesbischof, der seit zwei Jahren an der EKD-Spitze steht. Manche theologischen Fragen zum Amts- und Kirchenverständnis seien weiterhin ungeklärt. Doch er habe die Hoffnung, dass das Jubiläumsjahr zu 500 Jahren Reformation neue Impulse für die weitere Arbeit an diesen Fragen bringt.
Das Festjahr war am vergangenen Montag eröffnet worden. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.
Ökumenische Pilgerreise war Meilenstein
Bedford-Strohm nannte eine gemeinsame Pilgerreise des Rates der EKD mit Vertretern der katholischen Deutschen Bischofskonferenz Mitte Oktober einen "ökumenischen Meilenstein". "In den geistlichen Impulsen an den Wirkungsstätten Jesu und der menschlichen Gemeinschaft hat uns der Heilige Geist tatsächlich zusammengeführt", sagte der bayerische Landesbischof. Zwar sei Deutschland nicht der Nabel der Weltkirche. "Aber man sollte auch nicht unterschätzen, welche Energie davon ausgeht, wenn die Kirchen in dem Ursprungsland der Reformation in dieser Weise neu zusammenfinden", sagte Bedford-Strohm.