Obdachlose und Bedürftige im Reisebus auf dem Weg zum Papst

"Wir werden den Petersdom rocken"

6.000 Bedürftige aus ganz Europa werden am Wochenende in Rom erwartet. Papst Franziskus hat sie zur Wallfahrt eingeladen. Aus Köln machte sich jetzt eine der größten Gruppen auf den Weg – zur 20-Stundentour im Reisebus.

Autor/in:
Andreas Otto
Weihbischof Puff mit Obdachlosen / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Weihbischof Puff mit Obdachlosen / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Die Koffer und Reisetaschen stehen hinten im Eingangsbereich der Kölner Kirche Sankt Andreas. Bevor sie in die beiden Busse draußen vor die Tür eingeladen werden, bittet Weihbischof Ansgar Puff ihre Besitzer darum, noch kurz in den Kirchenbänken Platz zu nehmen. Wie es sich für eine Wallfahrt gehört – zumal nach Rom – gibt es noch den Reisesegen. Mit rund 100 Obdachlosen, ehemaligen Wohnungslosen, Bewohnern von betreuten Einrichtungen und ihren Begleitern wollen sie sich auf den Weg in die Ewige Stadt machen.

Arme Kirche für die Armen

Dorthin hat sie Papst Franziskus für das Wochenende eingeladen. Das Kirchenoberhaupt aus Argentinien, vom anderen Ende der Erde, fordert seit Beginn seines Pontifikats "eine arme Kirche für die Armen" ein.

Zum Abschluss des von ihm einberufenen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit hat er gleichsam als Höhepunkt die Habenichtse ins Zentrum der katholischen Kirche gerufen. 6.000 Obdachlose aus ganz Europa werden von Freitag bis Sonntag den Vatikan und die Metropole erleben, darunter 600 aus Deutschland einschließlich der Busreisegruppe aus Köln.

Der Reisesegen soll keine trockene Angelegenheit sein - und so übt der Weihbischof kurzerhand ein Lied ein. "Kann sein, dass das im Chaos endet", warnt er vor. Am Ende klappt es mit dem "Laudate", wenn auch nur einstimmig. Puff ist dennoch zufrieden. "Wir werden den Petersdom rocken", muntert er die Gruppe auf, bevor es dann am Mittwochabend auf die 20-Stunden-Fahrt in die Busse geht.

Große Vorfreude

Die Mitfahrer kommen aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet - zum Beispiel aus Bochum. Dort leitet Thomas Quinting das Christophorushaus, in dem 30 Bedürftige eine Bleibe haben. Nicht alle hätten mitgekonnt, etwa weil sie Methadon brauchen, berichtet der Sozialpädagoge. Aber von den Reisefähigen haben sich immerhin sechs Bewohner angemeldet - und "die Vorfreude auf die Fahrt ist riesig gewesen". Klar habe die Aussicht auf Rom als Stadt einen Motivationsschub gegeben, "das sind ja nicht alles die Superkatholiken". Aber auch der Papst übe eine Anziehungskraft aus.

Dass er nicht im Apostolischen Palast wohnt und gemeinsam mit anderen in der Kantine isst, "das haben meine Männer durchaus mitbekommen", berichtet Quinting. Und ein Selfie mit Franziskus oder ein Handschlag - das wäre die Krönung der Reise.

Eine bunte Truppe hat sich die lange Fahrt durch die Nacht auf engen Sitzen zugemutet - alle zwei Stunden unterbrochen durch die nachdrücklich eingeforderte (Raucher-)Pause. Thomas K. aus Troisdorf war früher mal LKW-Fahrer und guckt etwas sehnsüchtig zum Steuer. Auf den 37-Jährigen wirkt Franziskus "einfach menschlich", während Fatih M. drei Reihen weiter sich auch einen etwas moderneren Papst wünscht.

Sogar Muslim dabei

Suhel, mit seinen 19 Jahren einer der jüngeren Mitreisenden, hat die Gelegenheit genutzt und ist sogar als Muslim mitgekommen. Der Papst mit seinem Einsatz für Frieden sei doch auch für ihn eine Respektsperson, meint er. Seinen Sitznachbarn Yessin bewegt das Thema des Tages, der Wahlsieg von Donald Trump. "Wie kann man den wählen? Da läuft was in der Bevölkerung schief."

Zerrüttetes Elternhaus, Gewalt in der Familie, zerbrochene Partnerschaften, chronische Krankheiten - jeder hat hier sein eigenes Päckchen, das er mit nach Rom trägt. "Job los, Wohnung los, Frau los", blickt Heinz K. auf seine letzten fünf Jahre zurück. Der frühere Gartenhelfer hat die "Platte komplett" hinter sich - mit Nächten im Schlafsack unter Bäumen und Kälteschutz-Zufluchten in Einkaufspassagen oder U-Bahn. Irgendwann hatte er genug von dem Leben auf der Straße, wo schon simpelste menschliche Bedürfnisse zum Problem werden. Heute lebt er mit Unterstützung in einer Wohnung, macht den Thekendienst in einer Betreuungseinrichtung und ist froh, wieder im Sattel zu sitzen. "Ich bin so dankbar und stolz, bei dieser Fahrt dabei zu sein."


Quelle:
KNA