Politikberater zu Trumps Wahlsieg

"Spannend wird es beim Thema Abtreibung"

Wie geht es in den USA weiter? Politik- und Strategieberater Julius van de Laar rechnet nach dem Wahlsieg von Donald Trump bei den für Christen besonders wichtigen Themen wie Abtreibung oder Sozialpolitik mit einem Kurswechsel.

Parade mit USA-Flagge / © Michael Reynolds (dpa)
Parade mit USA-Flagge / © Michael Reynolds ( dpa )

KNA: Sie beraten Parteien und Nichtregierungsorganisationen und haben unter anderem in den Wahlkämpfen 2008 und 2012 für Barack Obama gearbeitet. Was bedeutet der Wahlsieg von Donald Trump für die USA und ihr Verhältnis zu Europa?

van de Laar: Das ist heute noch schwer abzusehen. Der Wahlkampf hat extrem polarisiert - in den USA selbst, aber auch im Verhältnis zum Rest der Welt. Entscheidend ist, wie sich Trump jetzt in der konkreten Alltagspolitik positioniert und auch, mit welchem Personal er regiert. Ein wichtiges Thema ist hier die NATO. Hier hat er während des Wahlkampfs beispielsweise vom Austritt der USA gesprochen, zumindest aber will er Deutschland und andere Staaten stärker in die Verantwortung nehmen, auch finanziell. Aber auch bei anderen Fragen wie etwa der Handelspolitik ist noch sehr unklar, wie er sich konkret verhalten will.

KNA: Und innenpolitisch?

van de Laar: Hier ist die entscheidende Aufgabe, das extrem gespaltene Land wieder zusammenzuführen. Das steht für jeden Präsidenten ganz oben auf der Agenda - gleichgültig, wie vorher der Wahlkampf verlaufen ist. Und auch wenn dieser besonders heftig war, bleibt jetzt nichts Anderes übrig, als auf alle zuzugehen. Dabei geht es nicht nur um das Verhältnis zu den Demokraten und ihren Wählern, sondern vor allem um Trumps eigene Partei. Denn auch bei den Republikanern gibt es einige "Never Trump-Leute", die er jetzt mitnehmen muss. Das wird spannend, gerade auch weil Trump ja noch nie wirklich in der Alltagspolitik mitgemischt hat.

KNA: Wie wird es denn weitergehen mit den für viele Christen so wichtigen Themen wie Abtreibung, Flüchtlingspolitik, Sozialpolitik oder den Umgang mit anderen Religionen?

van de Laar: Spannend wird es beim Thema Abtreibung, denn da ist ja der Supreme Court entscheidend, und hier ist eine Richterstelle derzeit unbesetzt. Als Präsident mit republikanischer Mehrheit in Kongress und Senat wird Trump diese Stelle neu besetzen. Und im Wahlkampf hat er sich sehr deutlich gegen Abtreibung ausgesprochen, bis hin zum Vorschlag, Frauen dafür zu bestrafen. Von daher muss man davon ausgehen, dass er hier durch die Besetzung der Richterstelle neue Weichen stellen wird.

KNA: Und bei den anderen Themen?

van de Laar: Wenn man sich an seinen Wahlkampfaussagen orientiert, wird er sicher nicht einen Kurs einschlagen wie etwa Angela Merkel vor 15 Monaten in Deutschland. Denken Sie etwa an Aussagen wie die, dass er keine Muslime mehr ins Land lassen will oder an seine Idee von einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Aber Ankündigungen im Wahlkampf werden auch nicht immer in reale Politik umgesetzt, von daher muss man auch hier abwarten.

KNA: Sie haben selbst im Wahlkampf von Präsident von Barack Obama mitgearbeitet. Wie würden Sie in wenigen Sätzen sein Vermächtnis charakterisieren?

van de Laar: Ich denke, ihm ist sehr vieles gelungen. Denken Sie etwa an die Gesundheitspolitik, wo inzwischen 20 Millionen Amerikaner mehr krankenversichert sind als vorher. Er hat die Arbeitslosigkeit deutlich reduziert und auch Fortschritte erreicht beim "equal pay", also bei der gerechteren Bezahlung. Er hat wichtige Reformen an der Wall Street angestoßen und auch beim Kampf gegen den Klimawandel eine Menge erreicht.

KNA: Und was wird jetzt aus diesem Vermächtnis?

van de Laar: Auch hier kann man nur abwarten. Vieles hat Trump im Wahlkampf heftig kritisiert - etwa in der Gesundheitspolitik oder bei Umweltschutz und Klimawandel. Aber bisher war das alles wenig konkret - und es war Wahlkampf. Realpolitik ist etwas Anderes.

Das Interview führten Gottfried Bohl und Joachim Heinz.


Julius van de Laar / © N.N. (KNA)
Julius van de Laar / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA