Beim Festakt auf der künstlerisch illuminierten Wartburg nannte er die Kirchenspaltung "eine Wunde, die alle Christen schmerzen muss". Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann formulierte: "Ich bin froh über die gute Ökumene, die inzwischen möglich ist, auch bei diesem Jubiläum." Besonders eindrücklich habe sie das vor wenigen Wochen bei einer ökumenische Pilgerreise unlängst nach Rom zum Papst empfunden.
Thüringen Kernland der Reformation
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erklärte: "Die Vorbereitung auf dieses Jubiläum hat uns einen neuen Weg der Verständigung und Rücksichtnahme gewiesen: Interreligiöse Verständigung ebenso wie der Dialog zwischen religiösen und säkularen Menschen ist heute wichtiger denn je." Thüringen sei zwar Kernland der Reformation, doch seien inzwischen 80 Prozent der Bevölkerung konfessionslos. "Jeder, der seinen Glauben friedlich leben will, hat das Recht dazu, und wir als Mehrheitsgesellschaft müssen die Voraussetzungen dafür schaffen", unterstrich Ramelow mit Verweis auf die Debatten um die Rolle des Islam in Deutschland.
Die schwedische Erzbischöfin von Uppsala, Antje Jackelen, sagte, der reformatorische Ruf nach Bildung, Freiheit und Weltverantwortung sei bis heute ein starkes Zeichen. In einer Zeit, "in der der Populismus Eliten und das Volk gegeneinander auszuspielen versucht", sollte man sich des reformatorischen Ansatzes zur Volksbildung erinnern. Glaube und Politik blieben in der modernen Gesellschaft zwar geschieden, dennoch ließen sie sich nicht völlig voneinander trennen, so Jackelen.
Aufgrund eines leichten Schwächeanfalls des Münsteraner Weihbischofs Wilfred Theising (54) musste der Festakt kurzzeitig unterbrochen werden. Nach ärztlicher Betreuung saß er wenige Minuten später jedoch wieder im Publikum.
Martin Luther übersetzte Bibel auf der Wartburg
Auf der Wartburg bei Eisenach übersetzte Martin Luther 1521/22 das biblische Neue Testament ins Deutsche. Landtagspräsident Christian Carius bezeichnete das als "historisch einmaligen Beitrag für die Theologie in Deutschland". Das Reformationsgedenken sei Anlass, das Bewusstsein für die kulturellen und religiösen Wurzeln zu schärfen.
In Eisenach war unmittelbar vor dem Festakt auf dem Lutherplatz ein Tor eingeweiht worden, das Teil eines europäischen Stationenweges ist, der 69 Reformationsstädte verbindet. Zuvor hatten die Kirchenvertreter und Politiker mit Hunderten Kindern am traditionellen Laternenumzug zum Sankt Martinsfest durch die Stadt teilgenommen.
Das Thüringer Festjahr ist Teil der bundesweiten Feierlichkeiten zum Reformationsgedenken, das an den Thesenanschlag Martin Luthers am 31. Oktober 1517 an der Wittenberger Schlosskirche erinnert. Das Ereignis gilt als Auftakt der Reformation.