Das Thermometer zeigt mancherorts bereits Minusgrade an und der erste Schnee ist auch schon gefallen: Für Obdachlose bricht nun eine besonders harte Zeit an. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) ging schon vor zwei Jahren von etwa 335 000 Menschen ohne Wohnung aus, 39 000 von ihnen lebten geschätzt ohne jede Unterkunft auf der Straße.
"Mittlerweile könnten es auch schon mehr sein", sagt Werena Rosenke von der BAG W. "Diese Leute sind besonders gefährdet im Winter." Städte, Wohlfahrtsverbände und andere Organisationen wollen in kalten Nächten helfen, damit niemand erfriert: mit warmem Tee, Decken und Not-Schlafplätzen. In einige Städten klappt das ganz gut, woanders gibt es Probleme.
Zu wenig bezahlbare Wohnungen
In Berlin zum Beispiel kann die Kältehilfe dieses Mal weniger Schlafplätze für Obdachlose anbieten, als im vergangenen Winter. Aus Mangel an Immobilien standen nach Angaben der Berliner Caritas zum Start der Kältehilfe-Saison am 1. November 550 solcher Plätze bereit. Ab Dezember sollen es dann 700 sein. Der Bedarf wird jedoch größer geschätzt - auf mindestens 800 Plätze. So viele wurden im vergangenen Winter benötigt. Neben dauerhaft auf der Straße lebenden Menschen, kommen nach Erfahrung der Kältehilfe vermehrt auch Niedriglohnkräfte aus dem EU-Ausland in die Einrichtungen.
Menschen mit wenig Geld finden aus Rosenkes Sicht häufig keine eigene Bleibe mehr: "Es gibt insgesamt zu wenig bezahlbare Wohnungen", sagt sie. Seit 2009 sei die Zahl der Wohnungslosen immer weiter gestiegen. "Auch wenn wir die Notunterkunft für die schlechteste Lösung halten, müssen sich die Kommunen darauf einstellen, dass sie mehr Kapazitäten brauchen." Vor allem in ländlichen Regionen gebe es Nachholbedarf.
Düsseldorf hat aufgestockt
In Düsseldorf hat die Stadt die Zahl der Schlafplätze für Wohnungslose im Vergleich zum vergangenen Winter um 100 auf 900 Plätze aufgestockt. "Deshalb kommen wir mit den Notschlafstellen in diesem Winter auch klar", sagt der Leiter der zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle in Düsseldorf, Peter Lorch. Auch er meint: Immer mehr Menschen haben mit prekären Wohnsituationen zu kämpfen. Der Ausbau sei eine Reaktion auf diese Entwicklung.
Hamburg sieht sich ebenfalls gut vorbereitet. Dort stehen 900 Schlafplätze für Obdachlose zur Verfügung. Bei Bedarf könnten weitere Schlafmöglichkeiten geschaffen werden, sagt Sozialsenatorin Melanie Leonhard. "Wir haben noch niemanden abgewiesen, der ein Bett für die Nacht gebraucht hat", versichert sie.
Nicht vergessen
Einige Obdachlose wollen jedoch nicht in Notunterkünften übernachten. Manche weichen aus: So wird in Frankfurt der Flughafen als Schlaf-Quartier immer beliebter. Bereits Anfang November suchten nach Angaben des Caritas-Verbandes Frankfurt jede Nacht rund 200 Menschen die Hallen auf. Auch in Berlin weiß man um das Problem: Dort bleiben einige U-Bahnhöfe im Winter nachts für Obdachlose geöffnet. Doch was passiert mit den Menschen, die trotzdem draußen bleiben?
"Die darf man natürlich nicht einfach vergessen auf der Straße und sich wundern, wenn man sie dann tot findet", sagt Werena Rosenke von der Wohnungslosenhilfe. Dafür gebe es spezielle aufsuchende Arbeit.
24-Stunden-Hotline
In vielen Städten gibt es Kältebusse. In Stuttgart zum Beispiel fährt er ab minus fünf Grad öffentliche Plätze an, um Menschen ohne Unterkunft vor dem Erfrieren zu schützen.
In Köln laufen in kalten Nächten auch städtische und ehrenamtliche Mitarbeiter auf sogenannten Kältegängen bestimmte Routen ab, um auf der Straße schlafenden Menschen Hilfe anzubieten. Zudem können Bürger über eine 24-Stunden-Hotline auf Obdachlose aufmerksam machen.