Franziskus macht das Kardinalskollegium globaler

Europa auf dem Rückzug

Der Papst revolutioniert das Kardinalskollegium. Statt europäischer Bistumsleiter macht er an diesem Samstag Bischöfe aus Schwellenländern zu "Eminenzen" und globalisiert damit seinen Rat. Doch vorerst dominiert Europa weiter.

Autor/in:
Thomas Jansen
Kardinäle in Rom / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinäle in Rom / © Harald Oppitz ( KNA )

Wer eine Prognose über die Entwicklung der katholischen Weltkirche anstellen will, sollte nicht nur auf den Papst schauen, sondern auch auf seine Kardinäle: Sie sind seine wichtigsten Berater und Mitarbeiter und zudem Wähler seines Nachfolgers.

Globalisierung seines Rates

Nirgends sonst wird die Personalpolitik von Papst Franziskus so klar wie bei der Auswahl neuer Kardinäle. Seine Forderung, die Kirche müsse an die "Ränder" der Welt und der Gesellschaft gehen, erhält hier Gesichter. Weitaus entschiedener als sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2103) treibt er eine Globalisierung seines Rats voran.

Wenn der Papst an diesem Samstag zum dritten Mal seit seinem Amtsantritt im März 2013 neue Kardinäle ernennt, werden 79 Länder im Kardinalskollegium vertreten sein, so viele wie noch nie. Von den 56 Kardinälen, die Franziskus dann insgesamt kreiert haben wird, kommen allein elf aus Ländern, die nie zuvor einen Kardinal stellten.

Ortsbischöfe aus der Provinz

Doch nicht nur ihre geografische Herkunft hat sich gewandelt, auch das persönliche Profil: Zum Zuge kommen bei Franziskus nicht zuerst Leiter großer Bistümer oder renommierte Theologen, sondern Ortsbischöfe aus der Provinz, die sich auf schwierigen Posten einen Ruf als Seelsorger erworben haben. Franziskus hat den bisherigen Automatismus außer Kraft gesetzt, dass die Leitung bestimmter Bistümer den Kardinalshut per se mit sich bringt.

Die Statistik spricht für sich: Von den 56 von ihm ernannten Kardinälen sind nur zwölf amtierende oder pensionierte Ortsbischöfe aus Europa (ohne Kurienkardinäle). Nimmt man nur jene neuen Kardinäle, die unter 80 Jahre alt sind und damit zur Papstwahl berechtigt wären, fällt das Ergebnis sogar noch deutlicher aus: Dann sind es nur acht von 44.

Die größte Gruppe von Franziskus' Kardinälen stellt Lateinamerika, wo rund 40 Prozent aller Katholiken weltweit leben - mit 14 neuen Purpurträgern, gefolgt von Afrika (8) und Asien (7). Gemessen an der Zahl der Katholiken ist allerdings Ozeanien bislang der Gewinner des Pontifikats: Aus diesem Erdteil mit nicht einmal einem Prozent aller Katholiken ernannte Franziskus gleich drei Kardinäle. Das Schlusslicht bildet Nordamerika mit drei neuen Eminenzen.

Weniger Kurienkardinäle

Im Vatikan beschränkte sich der Papst auf das Pflichtprogramm: Bislang nur sieben seiner Kardinäle erhielten als Kurienvertreter den Kardinalshut, ferner ein aktiver und ein ehemaliger Diplomat des Heiligen Stuhls. Das sind deutlich weniger als unter Benedikt XVI.

Der deutsche Papst brachte es in seiner achtjährigen Amtszeit auf mehr als 30 neue Kurienkardinäle. Es ist allerdings keineswegs so, dass Franziskus traditionelle Anwärter im Vatikan systematisch zugunsten von Ortsbischöfen der Weltkirche übergehen würde.

Die geringe Zahl neuer Kurienkardinäle erklärt sich vor allem dadurch, dass in der Amtszeit von Benedikt XVI. viele Spitzenposten im Vatikan neu besetzt wurden, weil die bisherigen Amtsinhaber in den Ruhestand gingen. Außerdem hat sich die Zahl der kardinalsträchtigen Führungspositionen durch die Kurienreform verringert.

Europa an der Spitze

Die veränderte Ernennungspraxis von Franziskus macht sich in der Zusammensetzung des Kardinalskollegiums vorerst nur behutsam bemerkbar. Immerhin: Seine absolute Mehrheit im Kardinalskollegium hat Europa bereits verloren, allerdings nur knapp. Dass der Anteil der Europäer nicht stärker zurückgegangen ist, liegt daran, das alle von Franziskus ernannten Kurienkardinäle vom Alten Kontinent stammen.

Von den demnächst insgesamt 228 Kardinälen kommen 112 aus Europa, 62 aus Amerika, jeweils 24 aus Afrika und Asien und 6 aus Ozeanien. Von den 121 zur Papstwahl berechtigten Kardinälen stammen 54 aus Europa, annähernd die Hälfte von ihnen aus Italien (25).

Bisweilen nutzt Franziskus Kardinalsernennungen nach Ansicht von Beobachtern auch, um gezielt in seinem Sinne auf den Kurs von Bischofskonferenzen einzuwirken. Als Beleg hierfür gelten die Berufung von theologischen Außenseitern aus Italien und den USA.

Von den 121 wahlberechtigten Kardinälen hat er 44 in das Kollegium berufen. Bis die Mehrheit des Kollegiums von ihm ernannt ist, dürfte es noch ein bis zwei Jahre dauern.


Papst Franziskus / ©  Giorgio Onorati (dpa)
Papst Franziskus / © Giorgio Onorati ( dpa )
Quelle:
KNA