Javier Flores Garcia (40) flüchtete in letzter Minute vor der drohenden Abschiebung durch die Einwanderungsbehörden in die Methodisten-Kirche an der "Arch Street". Die Gemeinde hieß ihn und seinen Sohn Junior (5) während eines Sonntagsgottesdienstes Mitte November offiziell willkommen. "Ich bin hier, weil ich für meine Kinder da sein will", sagte der mexikanische Vater von drei US-Staatsbürgern den Gläubigen der Gemeinde, die Flores auf unbestimmte Zeit Asyl gewährt.
Flores verbrachte 16 Monate in einer Haftanstalt, weil er zum wiederholten Male beim illegalen Grenzübertritt in die USA erwischt worden war. Die Behörden gaben ihm 90 Tage Zeit, seine Dinge zu regeln. Am letzten Tag rettete er sich in die "Arch Street"-Kirche, die ihre Türen für den Katholiken öffnete.
Kein Asyl in eigener Gemeinde
In seiner eigenen Gemeinde fand Flores kein Asyl. "Das hat nichts mit der Konfession zu tun, sondern mit den Menschen, die vor Ort in der Verantwortung sind", verteidigt er seine katholische Kirche, die unter Papst Franziskus generell klar Position zugunsten der Einwanderer bezogen hat. "Die verstehen manchmal nicht, was wir erlebt haben."
Flores hat eine Menge durchgemacht. Der Familienvater erzählt, wie er bei einem Raubüberfall niedergestochen wurde. Als Opfer einer Gewalttat hätte er eigentlich Schutz vor Abschiebung, aber aufgrund rechtlicher Spitzfindigkeiten habe er den Anspruch verloren.
Pfarrer Robin Hynicka nennt die Gesetze, die erlauben, dass Flores von seiner Familie getrennt wird, "böse" und "unterjochend". Dies sei unter Präsident Barack Obama so und genauso unter dessen Nachfolger Donald Trump, der massenhafte Abschiebungen ansonsten unbescholtener Einwanderer ohne Papiere ins Zentrum seines Wahlkampfs gerückt hat.
Kirche als Zufluchtsort für Einwanderer
"Wir müssen uns dem Bösen in jeder Form widersetzen, in der es uns vorkommt", sagt der Pfarrer. Die Methodisten in der "Arch Street" haben für sich die Entscheidung getroffen, ihre Kirche zu einem Zufluchtsort für Einwanderer zu machen. Das entspreche einer biblischen Tradition, die bis ins Alte Testament zurückreicht. Dort wird beschrieben, wie Israelis in sechs Städten Zuflucht finden konnten.
Wenn Trump nach seinem Amtsantritt im Januar Ernst macht und mit der Abschiebung der ersten zwei bis drei Millionen Einwanderer beginnt, könnten sehr viel mehr Gemeinden vor dieser Frage stehen. Der Direktor der Organisation "New Sanctuary Movement" in Philadelphia, Peter Pedemonti, registriert seit der Wahl "ein Abschwellen der Anfragen" von Gemeinden, die helfen wollen. USA-weit schätzen Aktivisten die Zahl der christlichen Gemeinden, die Einwanderer ohne Papiere vor der Abschiebung schützen wollen, auf gut 400.
Doch die Entwicklung ist keineswegs eindimensional. Insbesondere bei weißen Evangelikalen erfreut sich Trump breiter Unterstützung. Rund acht von zehn Wählern dieser Gruppe unterstützten ihn - trotz seiner Versprechen, bis zu elf Millionen Menschen abzuschieben, eine Mauer entlang der Südgrenze zu Mexiko zu errichten und Muslime an der Einreise in die USA zu hindern.
Andere Konfessionen diskutieren Möglichkeiten gegen Abschiebung
Selbst unter Latinos kam Trump auf 29 Prozent Wähleranteil. Bei den Katholiken insgesamt lag der Republikaner mit 52 zu 45 Prozent vor Hillary Clinton. Während die katholischen US-Bischöfe bei ihrer Herbsttagung in Baltimore mit der Wahl des in Mexiko geborenen Erzbischofs von Los Angeles, Jose Gomez, zum Vize-Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz ein klares Signal setzten, blieb die Frage des Kirchenasyls offen.
Javier Flores Garcia fand in seiner Gemeinde keine offenen Türen.
Andere Konfessionen diskutieren, wie sie sich zu möglichen Massenabschiebungen verhalten sollen. "Die Kirchen müssen ihrem Gewissen folgen", rät Gabriel Salguero, Präsident der "National Latino Evangelical Coalition". Biblisch fänden sich die Gemeinden auf sicherem Boden. Eine Antwort auf das zugrundeliegende Problem sei das jedoch nicht. "Wir brauchen eine umfassende Einwanderungsreform."