Der Münchner Kardinal Reinhard Marx betonte, dass er nichts davon halte, angesichts von Globalisierung und weltpolitischer Lage in Resignation zu verfallen. Jeder Mensch sei ein Geschenk Gottes für die ganze Welt, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der "Mediengruppe Münchner Merkur/tz" (Wochenende). Deshalb gehe es darum, herauszufinden, was die eigene Sendung sei. Jeder Einzelne könne vor der eigenen Haustür anpacken. Vor allem aber Christen müssten sagen, es gebe kein Naturgesetz, dass jetzt alles abwärtsgehe. "Wir müssen gegen die Angst-Stimmung angehen."
Zugleich räumte Marx ein, dass auch er sich manchmal ohnmächtig fühle. Als Beispiel verwies der Erzbischof von München und Freising auf das bevorstehende Wahljahr. "Ich frage mich: Wie viel Polemik, wie viele Hass-E-Mails kommen da eventuell auf mich oder auch auf die Politiker zu?" Manche würden ihm schreiben, dass er als Kardinal seinen politischen Einfluss geltend machen solle. Doch auch für ihn gelte, dass er letztlich das tue, was jeder in seinem Bereich tun könne: nämlich Deutlichmachen, dass Worte des Hasses, der Verunglimpfung und des Rassismus keinen Platz haben dürften.
Marx über den Papst und Bayern
Nach den Worten des Kardinals gilt es, der Hetze und der Lüge entgegenzutreten. Dabei habe es jeder in der Hand, ob er die sozialen Netzwerke für Hassbotschaften oder für etwas Positives nutze. Angesprochen auf Papst Franziskus meinte Marx, dieser sei "ein Typ, der immer mal wieder die Verhältnisse zum Tanzen bringt". Wenn eine Gesellschaft sich nur noch am Althergebrachten festklammere, sei sie nicht mehr innovativ und hoffnungsvoll. Da könne die Lust auf Leben, Familie, Zukunft leicht verloren gehen.
Viele hielten die Kirche für konservativ, gab der Erzbischof zu bedenken. Doch wenn das so wäre, dann wäre das Christentum in der falschen Spur gelandet. Kirche müsse immer wieder die Verhältnisse infrage stellen. Das sei übrigens auch etwas sehr Bayerisches, sagte der gebürtige Westfale. "Einerseits wollen die Bayern einen starken Typen an der Spitze, lieben das Beständige. Andererseits sind sie rebellisch und aufrührerisch und wollen auch Veränderung. Das finde ich gut."
Der Kardinal und seine Vorsätze
Mit Vorsätzen für das neue Jahre ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz vorsichtig, gab er zu bedenken. Im Laufe eines Lebens habe er schon allzu oft erfahren, "dass das nicht so klappt wie gewünscht", sagte der Erzbischof von München und Freising. Natürlich nehme er sich immer wieder vor, sich mehr zu bewegen und ein paar Kilo abzunehmen. Doch damit sei er seit mehreren Jahrzehnten relativ erfolglos, räumte Marx ein.
Je älter er werde, desto mehr denke er darüber nach, wie viele Jahre er noch aktiv, kräftig und stark für die Kirche und die Menschen wirken könne, sagte der Kardinal. "Mein Vater ist mit 64 gestorben, ich bin 63. Das sagt mir: Trödel nicht rum, mach was."
Rheinischer Präses ruft Christen zu Zuversicht auf
Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, hat die Christen dazu aufgerufen, "zuversichtlich den Herausforderungen der Gegenwart" zu begegnen. Trotz der Unsicherheiten in der Gesellschaft könnten die Menschen weiter daran glauben, dass keine Zeit gottverlassen und gottlos sei, sagte der oberste Repräsentant der rheinischen Landeskirche am Samstag in seiner Botschaft zum Jahreswechsel. "Das zurückliegende Jahr - zwischen der Silvesternacht in Köln und dem Anschlag in der Weihnachtswoche in Berlin - hat uns vor Augen geführt, wie gefährdet das Leben einer offenen Gesellschaft ist. Wir müssen mit Unsicherheiten leben", räumte er ein.
Zuversicht sei auch an jenen Orten und in jenen Situationen gefragt, in denen es schwierig wird, gerade "in einem aufgeheizten gesellschaftlichen Klima, in dem manche politischen Akteure verstärkt nach Sündenböcken suchen und in dem viele Menschen Angst vor dem Abstieg haben". Dies gelte vor allem im kommenden Jahr, in dem neben der Bundestagswahl auch die Landtagswahl in NRW ansteht, erklärte der leitende Theologe der zweitgrößten evangelischen Landeskirche in Deutschland.
Greifswalder Bischof mahnt zur Rettung der Christen im Orient
In seinem "Wort zum Jahreswechsel" hat der evangelische Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit zur Rettung der im Orient lebenden Christen aufgerufen. "Ich habe nicht den Eindruck, dass hier das Menschenmögliche getan wird", kritisierte er. "Eine Religion wird vertrieben, eine Kultur vernichtet und Menschen ihre Existenz entzogen", so der Bischof unter Hinweis auf die Lage in Ägypten, Syrien und dem Irak.
"Warum gibt es keinen Aufschrei in der westlichen Welt? Warum tun wir nicht alles dafür, unseren ins Abseits gedrängten, diskriminierten und verfolgten Schwestern und Brüdern im Orient zu helfen und diesen Christozid im Orient Einhalt zu gebieten?", fragte Abromeit. Der Bischof betonte, die orientalischen Christen seien in den vergangenen Jahrhunderten "gemeinsam mit anderen religiösen Minderheiten wie den Jesiden, den Mandäern und den Bahai die letzte Bastion gewesen, die den ganzen Nahen Osten vor einer monolithisch islamisch geprägten Kultur bewahrte". Er mahnte, im kommenden Jahr "der Schicksalsfrage der orientalischen Christen nicht auszuweichen".
Berliner Bischof Dröge mahnt Mitmenschlichkeit an
Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge hat in seiner Neujahrsbotschaft für 2017 zu Vertrauen und Mitmenschlichkeit aufgerufen. Dies sei notwendig, "um im Angesicht von sinnlosem Terror wie zuletzt auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nicht zu verzweifeln", erklärte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Bei dem Anschlag nahe der Gedächtniskirche waren zwölf Menschen getötet und fast 50 verletzt worden.
Für Menschen, die sich wegen ihres geringen Einkommens um ihre Zukunft sorgen, würden neue Perspektiven gebraucht, sagte der Theologe weiter. Vertrauen und Mitmenschlichkeit seien zudem nötig, um auf die Menschen zuzugehen, die als Flüchtlinge kommen, "um sie zu unterstützen, damit sie sich in der Art und Weise, wie wir zusammenleben, zurechtfinden". "Wir brauchen Mut, um die Sprachlosigkeit zu überwinden, besonders im Gespräch mit denen, die andere mit Parolen provozieren, aber selbst keine Lösungen anbieten", so Dröge mit Blick auf rechtspopulistische Strömungen. Zum Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 Ende Mai in Berlin kündigte der Bischof an, dass dort viele Themen diskutiert werden sollen, "um dem Glauben menschliche Gestalt zu geben".
Fehrs ruft für 2017 zu Hilfsbereitschaft und Furchtlosigkeit auf
Auch Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs hat am Jahreswechsel zu Furchtlosigkeit und weiterer Hilfsbereitschaft aufgerufen. "Diese Kultur der Hilfsbereitschaft ist das beste Mittel gegen Furcht und Zukunftsangst", so die Bischöfin der Evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Viele Menschen seien derzeit verunsichert durch Krieg und Terror, Gewalt und neuem Nationalismus, schreibt sie in ihrem Wort zum Jahreswechsel. "Gerade angesichts dessen sollten wir uns ein Herz fassen und den Geist leben, der die Welt zum Guten verändert."
Besonders wünsche sie sich, "dass 2017 in den klassischen und in den neuen Medien wieder mehr zu hören ist von jenen, die anpacken, helfen und trösten". Ansonsten werde das Feld denen überlassen, "die klagen, schimpfen und abschotten wollen", so die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der evangelischen Nordkirche. Sie rate zur Orientierung am Lutherwort: "Ein Herz voll Freude sieht alles fröhlich an, ein Herz voll Trübsal alles trüb."
Kirchenpräsident Jung: "Verschließt Euch nicht."
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung erklärte am Freitag, Angst sei kein guter Ratgeber, weil sie die Herzen eng mache und "versteinern" lasse. Der katholische Freiburger Erzbischof Stephan Burger wünschte sich für das neue Jahr mehr Engagement für Versöhnung und Frieden.
Kirchenpräsident Jung erklärte, derzeit verunsicherten weltpolitische Entwicklungen, andauernde Konflikte und Kriege, terroristische Bedrohungen und anderes viele Menschen. In Deutschland und Europa sollten sich die Menschen nicht verschließen. "Nicht voreinander. Und nicht vor den Menschen, die bei uns Hilfe und ein neues Leben suchen", betonte der evangelische Theologe.
Ängste (nicht zu) ernst nehmen
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, der Anschlag von Berlin mit zwölf Toten habe alle erschüttert. Bei manchen habe er die Angst verstärkt, Opfer eines solchen Anschlags zu werden. "Aber es sind auch Ängste vor sozialem Abstieg, vor der Veränderung überhaupt, die Menschen bewegen", fügte der bayerische Landesbischof in seiner bereits am Donnerstag veröffentlichten Botschaft zum Jahreswechsel hinzu. Andere wiederum erschrecke der "raue, oftmals hasserfüllte Ton", der derzeit so häufig besonders im Internet zu beobachten sei.
Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad erklärte am Freitag mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte und den Terroranschlag von Berlin, die Ängste und Sorgen der Menschen müssten ernst genommen werden. Aber Sorgen ernst zu nehmen, bedeute nicht, ihnen nachzugeben. Denn aus Angst wachse nichts Gutes. Christen sollten jeglicher Form der Menschenverachtung entgegentreten. Rechtsextreme Ideologen und militante Islamisten strahlten gleichermaßen eine menschliche Kälte aus, die einen frösteln lasse, sagte der evangelische Theologe.
Der katholische Bischof Burger warnte: "Lassen wir uns nicht vom Strudel populistischer Strömungen in den Abgrund ziehen: Halten wir fest an den Grundwerten unseres demokratischen Rechtsstaates, der auch tief im biblisch-christlichen Menschenbild verankert ist."