Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat "rote Linien" für Christen in der politischen Auseinandersetzung formuliert. Diese seien erreicht bei "Ausländerfeindlichkeit, Verunglimpfung anderer Religionsgemeinschaften, bei einer Überhöhung der eigenen Nation, bei Rassismus, Antisemitismus, bei Gleichgültigkeit gegenüber der Armut in der Welt", sagte Marx den "Nürnberger Nachrichten" (Montag). Auch komme es auf die Art des Umgangs miteinander an. "Wo grob vereinfacht wird, wo Parolen zur Feindschaft beitragen - da kann ein Christ eigentlich nicht dabei sein."
Der Erzbischof von München und Freising wurde gefragt, ob es hinsichtlich der Meinungsvielfalt in Kirchengemeinden eine Trennlinie zur AfD gebe. Marx sagte dazu, grundsätzlich müsse jede Auseinandersetzung inhaltlich geführt werden. Für Christen gebe es eine gewisse Bandbreite des politischen Engagements, aber auch Grenzen. Letztlich jedoch bestimmten Parteien durch Personen und Programme ihre Nähe zur Kirche.
Sachlichkeit und Respekt
Mit Nachdruck warnte Marx in Deutschland vor der Übernahme von Methoden aus dem jüngsten Wahlkampf um die US-Präsidentschaft. "Wenn etwa über Kurznachrichten auf Twitter große Politik gemacht wird, da setze ich doch große Fragezeichen." Dies sei nicht der öffentliche Diskurs, der weiterführe. So stelle er sich die Öffentlichkeit der Zukunft nicht vor und rief mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen zu einem fairen Wahlkampf und zu "verbaler Abrüstung" auf: "Man darf nicht den Stil von Scharfmachern und Fundamentalisten übernehmen". Erfolg könne man auch mit Sachlichkeit und Respekt haben.
"Die Demokratie braucht eine sachliche Debatte, die davon geprägt ist, dass wir uns für den Anderen und für dessen Meinung interessieren", so der Kardinal. Dazu könne die Kirche in ihren Pfarreien und Institutionen durchaus einen Beitrag leisten. Kirchenverantwortliche sollten jedenfalls mithelfen, "Räume zu schaffen, wo man mit Respekt und Offenheit miteinander umgeht und Konflikte fair austrägt".