domradio.de: Integration von geflüchteten Menschen in die Wirtschaft, wie funktioniert das?
Alexander Gabriel (Referent des Projekts "Willkommen Kollege! Willkommen Kollegin!" bei der Caritas im Erzbistum Köln): Das ist ein langer Prozess. Das sollen möglichst keine Minijobs sein. Viele bekommen ja schnell einen Minijob. Aber das ist natürlich langfristig für die Integration nicht gut. Wir konzentrieren uns daher darauf, dass wir die Menschen in Ausbildungen und in sozialversicherungspflichtige Arbeit bringen. Deswegen sprechen wir über einen langen Weg.
domradio.de: Wie sieht dieser Weg aus?
Gabriel: In unserem Flüchtlingshilfe-Projekt geht es darum, erst mal die ersten Schritte zu machen. Das heißt, wir schauen: Beherrschen die Leute die Sprache, was haben sie für Qualifikationen und für welche Berufe interessieren sie sich? Danach schauen wir, welche Möglichkeiten es auf dem katholischen Arbeitsmarkt gibt und welche gesellschaftliche Verantwortung die katholischen Einrichtungen übernehmen können.
domradio.de: Gibt es da besondere Berufe, für die sich die Menschen besonders interessieren oder für die sie besonders geeignet sind?
Gabriel: Wir haben als Caritas einen großen Bereich in der Alten- und Gesundheitspflege. Im Erzbistum Köln sind über die Hälfte aller Beschäftigten in katholischen Diensten tätig. Über 30.000 Beschäftigte arbeiten in diesen Bereichen. Da herrscht auch ein großer Fachkräftebedarf. Das ist die Arbeitgeberseite.
Von der Arbeitnehmerseite, also von den Flüchtlingen, muss man natürlich sagen, dass sie zum Teil die Pflegeberufe gar nicht kennen. Wenn wir die große Gruppe der Syrer anschauen: Die haben in ihrem Land natürlich kein Altenpflegesystem kennengelernt, weil die Pflege in der Familie stattgefunden hat. Daher müssen wir gucken, wie wir die Arbeitsvermittlung organisieren können.
domradio.de: Auf welche Probleme kann man stoßen?
Gabriel: Wir sind schon viel weiter als vor fünf oder zehn Jahren. Ich versuche das auch immer als Prozess zu sehen. Früher gab es noch keine Integrationskurse, die die Basis - nämlich Sprachkenntnisse - vermitteln. Ich denke, wir müssen da noch breiter werden. Es gibt immer noch Gruppen, die keinen Zugang zu solchen Kursen haben. Aber da sind wir schon einen Schritt weiter.
Daneben gibt es ein staatliches System, wo es verschiedene Sprachförderungen gibt. Es gibt den Europäischen Referenzrahmen B1 oder B2. Das ist schon nicht schlecht, wenn man eine Ausbildung anfangen will.
domradio.de: ... Nur kurz: Das Sprachniveau gliedert sich entsprechend des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen in sechs Stufen von A1 (Anfänger) bis C2 (Experten)...
Gabriel: Wir kümmern uns auch um die Leute, die noch nicht so weit sind. Wie müssen wir sie qualifizieren - vielleicht auch berufsspezifisch, damit sie eben den Weg anfangen können zu gehen?
domradio.de: Jetzt haben wir schon die Pflegeberufe angesprochen. Es bezieht sich ja jetzt das ganze Projekt auf katholische Arbeitgeber. Ist das noch mal was anderes, als wenn man da gesamtgesellschaftlich herangeht?
Gabriel: Grundsätzlich ist das sehr ähnlich. Natürlich gibt es Fragen wie: Wie ist das mit Muslimen im kirchlichen Dienst? Da sieht die Kirchenordnung aber vor, dass das geht. Natürlich nicht unbedingt die Leitungsposition, aber auf einer normalen Ebene geht das. Im Erzbischöflichen Generalvikariat Köln haben sie das schon gemacht. Sie haben 2015 zwei Auszubildende mit Fluchthintergrund eingestellt und eine Pionierarbeit geleistet, auf die wir uns auch oft beziehen. Da merken wir, dass es geht.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.