AfD-Vorstand beschließt: Höcke soll bleiben

Mit einem blauen Auge davongekommen

Björn Höcke hat seinen Kopf im letzten Moment doch noch aus der Schlinge ziehen können. Das dürfte seinen Widersachern und Widersacherinnen in der Parteispitze nicht gefallen.

Autor/in:
Anne-Beatrice Clasmann
Björn Höcke  / © Martin Schutt (dpa)
Björn Höcke / © Martin Schutt ( dpa )

Nach der Rede des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke zum Umgang mit der NS-Vergangenheit erwägte die Partei nach Zeitungsinformationen, sich von dem Politiker zu trennen. Frauke Petry befürwortete einen Ausschluss. Auf die Rede reagierte die Deutsche Bischofskonferenz fassungslos und erklärte das Holocaust-Denkmal sei, christlich gesprochen, ein Mahnmal der Umkehr. Am Montag entschied die Partei dann aber doch, dass Höcke trotz seiner umstrittenen Äußerungen zum deutschen Geschichtsverständnis die AfD nicht verlassen muss.

Stattdessen hat Björn Höcke nun von der AfD-Spitze einen Rüffel kassiert. Es ist nicht das erste Mal. Schon im Dezember 2015, als er seine Theorie zur Zuwanderung afrikanischer Männer öffentlich ausführte, hat ihn der Bundesvorstand der Partei aufgefordert, "zu prüfen, inwieweit seine Positionen sich noch in Übereinstimmung mit denen der AfD befinden".

Höcke ist beurlaubter Lehrer. Als Pädagoge dürfte er wissen, dass wiederholte Drohungen, die nicht sofort spürbare Konsequenzen nach sich ziehen, in der Regel keine nachhaltige Verhaltensänderung bewirken.

Androhung durch "parteiliche Ordnungsmaßnahmen"

Der AfD-Vorstand hat Höcke jetzt zwar "parteiliche Ordnungsmaßnahmen" angedroht. Doch wie diese konkret aussehen sollen, ist noch völlig offen. Die Entscheidung darüber könnte Wochen, vielleicht sogar Monate dauern. Möglich wäre laut Parteisatzung zum Beispiel eine "Abmahnung". Das entspricht in etwa einer "gelben Karte" beim Fußball.

Dass Höcke nicht aus der Partei geworfen wird, hat er sicher auch seinem Fürsprecher Alexander Gauland zu verdanken. Denn während sich Parteichefin Frauke Petry schon mehrfach über Höckes Sprüche empört hat, zeigt sich der Vize-Parteichef nach jedem verbalen Salto des Thüringer Fraktionschefs nachsichtig. Verlassen kann sich Höcke auch auf den Vorsitzenden der Magdeburger Landtagsfraktion, André Poggenburg. Mit ihm zusammen hatte er in einer Zeit, in der die AfD noch ein liberaleres Image hatte, den "Flügel" gegründet – ein loses Bündnis von AfD-Mitgliedern aus dem rechtsnationalen Spektrum.

Keinen harten Kurs gegen Höcke

Doch auch Jörg Meuthen, der im Juli 2015 als Wirtschaftsliberaler zum Co-Vorsitzenden der Bundespartei gewählt wurde, will keinen harten Kurs gegen Höcke fahren. Das mag daran liegen, dass Höcke auch in Meuthens Landesverband Baden-Württemberg einige Anhänger hat. Vielleicht haben Meuthens Sympathien für Höcke aber auch damit zu tun, dass beide in der Vergangenheit mit Petry aneinandergeraten sind.

Dass Petrys Kritik an Höcke eine Abgrenzung nach rechts ist, kann sich Meuthen dagegen kaum vorstellen. Er kritisiert, dass sich Petry am vergangenen Samstag in Koblenz zum Gruppenfoto mit der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Front National aufgestellt hat. "Diesen sehr engen Schulterschluss mit dem Front National finde ich irritierend", sagt Meuthen. Aus seiner Sicht habe die AfD größere politische Schnittmengen mit dem Kandidaten der Republikaner, François Fillon.

Anhänger des "Flügels"

Doch neben seinen Fürsprechern im Bundesvorstand gibt es auch noch andere Personalien, die Höcke in die Hände spielen. Denn über Ordnungsmaßnahmen, die der Vorstand beschließt, entscheiden letztlich die Schiedsgerichte der Partei. Und da sitzen viele Anhänger des "Flügels", auf die sich Höcke verlassen kann.

Das Bundesschiedsgericht hat im Mai 2016 einen Beschluss des Vorstandes gekippt, wonach AfD-Mitglieder "weder als Redner noch mit Parteisymbolen" bei Veranstaltungen des islamfeindlichen Pegida-Bündnisses auftreten sollen. Auch den Plan des Parteivorstandes, den saarländischen AfD-Landesverband wegen Kontakten zu Rechtsextremen aufzulösen, durchkreuzte das Gremium. Sollte das Schiedsgericht bei dieser Linie bleiben, hat Höcke wohl auch in Zukunft nicht viel zu fürchten.

Zentralrat der Juden übt scharfe Kritik an Entscheidung zu Höcke

Gleich nach der Entscheidung kritisierte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Entscheidung. Er sagte, es sei ein weiterer Schritt "vom Rechtspopulismus auf dem Weg zum Rechtsextremismus". "Es ist nicht überraschend, dass sich der AfD-Bundesvorstand nicht für den Parteiausschluss von Björn Höcke ausgesprochen hat." Die Entscheidung, einen Mann in den eigenen Reihen zu lassen, der die Ideologie von Rechtsextremisten vertrete und verbreite, spreche für sich.


Quelle:
dpa , epd