Internationale Kritik an Israels Siedlungsgesetz - Kirche besorgt

"Dicke rote Linie überschritten"

Das von Israels Parlament beschlossene Gesetz zur nachträglichen Legalisierung israelischer Siedlungen im Westjordanland stößt international auf scharfe Kritik. Die römisch-katholische Kirche im Heiligen Land äußerte sich besorgt. 

Israelische Siedlung / © Oded Balilty (dpa)
Israelische Siedlung / © Oded Balilty ( dpa )

Das Gesetz, dass die "De-Facto-Annektierung privaten palästinensischen Landes" erlaube, "untergräbt die Zweistaatenlösung, rückt von der Hoffnung auf Frieden ab und könnte schwerwiegende Folgen haben", heißt es in einer Stellungnahme aus dem Lateinischen Patriarchat von Mittwoch.

Das Patriarchat verurteilte das Gesetz als ungerecht und einseitig im Sinne der israelischen Siedlungspolitik und forderte die politisch Verantwortlichen auf, entschlossene Entscheidungen für den Frieden, die Gerechtigkeit und die Würde aller auf.

Das international auf scharfe Proteste stoßende Gesetz ermöglicht es Israel, palästinensisches Privatland als Regierungsbesitz zu deklarieren, wenn darauf "in gutem Glauben oder auf staatliche Anweisung" israelische Siedlungen oder Außenposten errichtet wurden. Dadurch sollen etwa 4.000 illegale Wohnungen israelischer Siedler in besetzten Palästinensergebieten nachträglich genehmigt werden. Die palästinensischen Besitzer sollen ein alternatives Landstück oder eine finanzielle Entschädigung erhalten.

Auswärtiges Amt mit scharfer Kritik

Mit der Gesetzgebung habe Israel eine "sehr dicke rote Linie" überschritten, sagte der UN-Sonderkoordinator für den Nahen Osten, Nickolay Mladenov, laut israelischer Medienberichte. Das am Montagabend beschlossene "Formalisierungsgesetz" öffne den Möglichkeiten einer Annexion des Westjordanlandes Tür und Tor, so Mladenov. Auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Türkei und Jordanien verurteilten den Schritt Israels.

"Das Vertrauen, das wir in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zwei-Staaten-Lösung haben mochten, ist nachhaltig erschüttert", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin am Dienstag. "Viele in Deutschland, die in tiefer Verbundenheit an der Seite Israels stehen, lässt dieser Schritt enttäuscht zurück", so der Ministeriumssprecher. Angesichts vielfältiger Bedenken "wäre es gut, wenn das Gesetz schon bald einer kritischen rechtlichen Prüfung unterzogen würde".

Nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung könne dauerhaft Frieden bringen und im Interesse Israels sein, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts weiter. Angesichts "befremdlicher" Forderungen einzelner israelischer Regierungsmitglieder nach einer Annexion von Teilen des Westjordanlands sei es eine Frage der Glaubwürdigkeit Israels, das Bekenntnis zu dieser Zwei-Staaten-Lösung zu erneuern und durch praktische Schritte zu untermauern.

Treffen zwischen Vertretern der EU und Israel verschoben

Ein für den 28. Februar geplantes Treffen zwischen Vertretern der EU und Israel wurde vor dem Hintergrund der Annahme des umstrittenen Gesetzes sowie des anhaltenden israelischen Siedlungsbaus im Westjordanland laut israelischen Medien verschoben.

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault rief Israel Medienberichten zufolge auf, seinen internatonalen Verpflichtungen nachzukommen und das Gesetz zurückzunehmen. Es sei ein "weiterer Schlag gegen die Zweitstaatenlösung", die den einzigen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in Nahost darstelle.

Der britische Minister für den Nahen Osten, Tobias Ellwood, sagte, das Gesetz ebne den Weg für signifikantes Wachstum der Siedlungen tief im Westjordanland und schade Israels Ruf bei seinen internationalen Partnern. Zuvor hatte bereits die britische Premierministerin Theresa May vor einer Annahme des Gesetzes gewarnt.

Jordanien spricht von Provokation

Jordaniens Informationsminister nannte das "Formalisierungsgesetz" eine Provokation und warnte vor einer möglichen Eskalation der Gewalt in der Region. Aus dem türkischen Außenministerium hieß es, die Politik der israelischen Regierung zerstöre jede Basis für eine Zweistaatenlösung. Israelische Friedens- und Menschenrechtsorganisationen kündigten ein juristisches Vorgehen an.


Quelle:
KNA