Sie habe in einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz die Erwartung der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass der deutsche Journalist "eine faire und rechtsstaatliche Behandlung erfährt", teilte das Bundespresseamt am Samstag auf Anfrage mit. Zudem habe Merkel darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, dass der Journalist durch die deutsche Botschaft umfassend konsularisch betreut werden könne.
Yücel hatte sich nach Angaben der "Welt" am Dienstag ins Polizeipräsidium Istanbul begeben, um Fragen zu seinen Berichten über eine Hacker-Attacke auf das E-Mail-Konto des türkischen Energieministers zu beantworten. Er ist der erste deutsche Journalist, der seit Verhängung des Ausnahmezustandes in der Türkei in Polizeigewahrsam genommen wurde. Seinen Anwälten wurde gesagt, dass gegen ihn wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Datenmissbrauchs ermittelt werde.
Der 43-Jährige besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Aus Sicht der türkischen Behörden ist er damit ein einheimischer und kein ausländischer Journalist. Nach dem derzeit in der Türkei geltenden Ausnahmezustand kann die Polizei Yücel bis zu 14 Tage lang festhalten, bevor er einem Haftrichter vorgeführt werden muss.
Auswärtiges Amt: Rechtsstaatlichkeit muss gewahrt bleiben
Das Auswärtige Amt betonte: "Wir setzen darauf, dass in dem laufenden Ermittlungsverfahren der türkischen Behörden gegen Herrn Yücel rechtsstaatliche Regeln beachtet und eingehalten werden und er fair behandelt wird, gerade mit Blick auf die auch in der Türkei verfassungsrechtlich verankerte Pressefreiheit." Ein Sprecher sagte am Samstag: "Natürlich tun wir alles, was wir können, um Deniz Yücel zu unterstützen. Es gab und gibt Kontakte mit Deniz Yücel und mit der Redaktion der 'Welt'."
"Ein Journalist, kein Terrorist"
Journalistenorganisationen kritisierten die Festnahme Yücels. "Wir fordern ein faires und rechtsstaatliches Verfahren für Deniz Yücel", erklärte der Geschäftsführer von "Reporter ohne Grenzen", Christian Mihr. Sollte sich herausstellen, dass seine kritische Berichterstattung Grund für die Vorwürfe seien, müsse der Journalist unverzüglich freigelassen werden. "Reporter ohne Grenzen" forderte die türkischen Behörden auf, Yücel sofort einem Untersuchungsrichter vorzuführen. Auch die deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di verlangt die sofortige Freilassung des Korrespondenten. "Deniz Yücel ist ein Journalist, kein Terrorist", betonte die dju.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley erklärte am Samstag: "Wenn die Pressefreiheit stirbt, dann stirbt die Demokratie.» Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan macht seine Gegner und die Kritiker der AKP-Regierung mit Terror-Vorwürfen mundtot.
Linke: Kritik an Bundesregierung
Linken-Parteichef Bernd Riexinger sagte der "Berliner Zeitung" (Samstag): "Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung gegenüber der Türkei einen anderen Ton anschlägt." Die Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte, die Festsetzung Yücels sein "ein weiterer trauriger Höhepunkt bei der Abschaffung der Demokratie und der Pressefreiheit in der Türkei".
Die Behörden haben Yücel offenbar wegen seiner Berichte über Enthüllungen des Hacker-Kollektivs "Redhack" im Visier, das in der Türkei als Terrorgruppe gilt. Die Hacker hatten im vergangenen September Mails des Energieministers Berat Albayrak geleakt, dem Schwiegersohn von Staatspräsident Erdogan. Über die Mails, in denen es unter anderem um die Beeinflussung der Öffentlichkeit durch manipulierte Twitter-Accounts geht, hatte auch Yücel berichtet. Nach Angaben der "Welt" wurden seit Dezember insgesamt sechs Journalisten türkischer Medien wegen Berichten über die "Redhack"-Leaks festgenommen.