"Es ist Aufgabe des Bundes, dafür zu sorgen, dass solche Auftritte weder in NRW noch irgendwo anders in Deutschland stattfinden", sagte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Jäger betonte, es müsse verhindert werden, dass innertürkische Konflikte in Deutschland ausgetragen werden. "Die Freiheit der Meinungsäußerung hier darf nicht missbraucht werden, um für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, mit der Grundrechte eingeschränkt und die Todesstrafe wieder eingeführt werden sollen", sagte der Minister.
Frühere Wahlkampf-Auftritte Erdogans in Deutschland hätten dem Zusammenleben und den Integrationsbemühungen massiv geschadet, erklärte der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, Ibrahim Yetim, in Düsseldorf. "Es ist zu befürchten, dass ein weiterer Auftritt Erdogans Konflikte in Familien und Freundeskreisen verschärfen und bei den deutschen Bürgerinnen und Bürgern für Unverständnis sorgen würde."
Politisches Zeichen der Bundesregierung verlangt
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Grünen, Sven Lehmann, kritisierte, Erdogan spalte die Türkei und kassiere nach und nach grundlegende Freiheitsrechte. Auch seien die Bespitzelungsvorwürfe gegen den türkischen Islamverband Ditib nicht glaubwürdig ausgeräumt, sagte Lehmann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Bundesregierung müsse deutlich machen, "dass wir hier keine antidemokratischen Werbeveranstaltungen wollen."
Der frühere Präsident des NRW-Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, bezeichnete es in der Zeitung als Pflicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), "einen Auftritt Erdogans in Deutschland durch unmissverständliche Verbalnoten an die Adresse der türkischen Staatsführung zu unterbinden". Es gehe dabei nicht um eine versammlungsrechtliche, sondern um eine politische Bewertung.
Türkische Gemeinde für Erdogan-Auftritt
Dagegen meint der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, ein öffentlicher Auftritt Erdogans in Deutschland sollte nicht verboten werden, die deutsche Demokratie halte das aus. "Erdogan muss aber akzeptieren, dass er in Deutschland kritisiert wird und dass seine Kritiker keine Heimatverräter oder Terroristenschützer sind", sagte Sofuoglu der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Der Gemeinde-Vorsitzende geht davon aus, dass der türkische Staatschef zwischen dem 27. März und dem 9. April nach Deutschland kommt. "In dieser Zeit können die im Ausland lebenden Türken ihre Stimme zum Referendum der Verfassungsänderung abgeben", sagte er. Die "Bild"-Zeitung (Mittwoch) hatte berichtet, der Deutschland-Besuch Erdogans solle Ende März erfolgen.
Der türkische Präsident will mit der Verfassungsreform das parlamentarische System in seinem Land durch ein Präsidialsystem ersetzen. Bei dem Referendum dürfen auch in Deutschland lebende Türken abstimmen. Am Wochenende hatte trotz Protesten bereits der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim vor Landsleuten in Oberhausen für die umstrittene Verfassungsreform geworben.