Kirche im Kongo gerät als Vermittlerin zwischen die Fronten

"Kirche erfährt eine Gewalt, wie sie es bisher nicht erlebt hat"

Die Kirche will im Kongio Frieden schaffen und gerät damit immer mehr in die Bredouille. Die Übergriffe auf kirchliche Einrichtungen haben zugenommen, berichtet Berthold Pelster vom katholischen Hilfswerk "Kirche in Not".

Berthold Pelster (KiN)
Berthold Pelster / ( KiN )

domradio.de: Kinshasa ist die drittgrößte Stadt Afrikas, die Katholische Kirche möchte vermitteln und trotzdem werden ihre Einrichtungen vor allem in der kongolesischen Hauptstadt angegriffen. Wie kommt das?

Berthold Pelster: Die Kirche erfährt eine Gewalt, wie sie es bisher nicht erlebt hat. Priesterseminare werden in Brand gesteckt, Klöster werden verwüstet, Kirchen werden verwüstet. Offensichtlich soll die Kirche eingeschüchtert werden, denn die katholische Kirche hat gerade im Moment eine wichtige politische Rolle im Land. Der Präsident ist seit 2001 an der Macht. Er ist zweimal wieder gewählt worden. Beim ersten Mal hat er die Macht von seinem Vater übernommen. Dann ist er zweimal gewählt worden. Eine dritte Wahl ist nicht möglich, aber er möchte seine Macht einfach nicht abgeben.

domradio.de: Schon 2016 ist die Amtszeit von Präsident Kabila abgelaufen - warum gibt es nicht einfach eine Neuwahl?

Berthold Pelster: Die Regierung hat die Wahl erst einmal verschoben, hat gesagt, es gibt logistische und organisatorische Probleme. Aber tatsächlich klebt dieser Präsident Kabila an der Macht und will die Macht nicht abgeben. Die demokratische Republik Kongo ist, wie viele andere afrikanische Staaten auch, ein Staat mit vielen Defiziten. Die Regierung ist korrupt, regiert sehr eigensüchtig. Sie denkt mehr an das eigene Wohl, weniger an das Gemeinwohl und die Herrscher kleben oft an ihrem Sitz.

domradio.de: Der Kongo kämpft nicht nur mit politischen Problemen, auch Erdbeben und andere Katastrophen machen den Bürgern das Leben alles andere als leicht - wie geht es den Menschen zurzeit?

Berthold Pelster: Die Menschen leiden unter vielen Problemen. Naturkatastrophen sind da nur ein Problem. Es gibt auch soziale Missstände, ich habe schon angedeutet, die Regierung ist korrupt, es herrscht oft Willkür bei der Polizei, in der Justiz, bei den Gerichten, beim Militär. Viele Menschen haben nicht genug zu essen, haben keine gescheite medizinische Versorgung oder schulische Bildung und oft ist es die Kirche, die dort einspringen muss, wo der Staat versagt. Deswegen haben die Menschen so ein großes Vertrauen zur Kirche und deswegen hat die katholische Kirche diese Vermittlerfunktion überhaupt einnehmen können. Die Menschen haben gesagt, die Kirche ist fast die einzige Institution im Kongo, der man noch einigermaßen vertrauen kann.

Das Interview führte Tobias Fricke.