Die Städte Köln und Gaggenau haben geplante Wahlkampfauftritte türkischer Minister unterbunden. Die Stadtverwaltung von Gaggenau (Baden-Württemberg) sagte eine für Donnerstagabend geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag ab. Man rechne mit einem großen Besucherandrang, für den die örtliche Festhalle, die dortigen Parkplätze und auch die Zufahrten nicht ausreichten, hieß es zur Begründung. Der geplante Auftritt Bozdags hatte zuvor für scharfe Kritik gesorgt.
Werbung für Referendum in der Türkei?
In Köln erteilte die Stadt den Organisatoren eines Auftritts des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci eine Absage. Der Minister wollte am Sonntag im Kölner Bezirksrathaus Porz sprechen. Beide Veranstaltungen hatte die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) geplant. Dabei sollte für das bevorstehende Referendum in der Türkei über die Einführung eines Präsidialsystems geworben werden.
Im Fall Köln erklärte die Stadtsprecher Gregor Timmer, die UETD habe den Rathaussaal ursprünglich für eine Theaterveranstaltung angefragt. Am Mittwoch habe der Verband dann mitgeteilt, es solle stattdessen eine Informationsveranstaltung zum Präsidialsystem in der Türkei stattfinden. "Dem haben wir als Stadt Köln nicht zugestimmt, und mitgeteilt, dass der Saal dafür nicht zur Verfügung steht." Ein Vertrag mit dem Veranstalter sei zuvor nicht geschlossen worden.
Gegen den Auftritt Bozdags in Gaggenau hatte unter anderen der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) protestiert. "Wenn der türkische Justizminister sich Zeit für einen Termin in Deutschland nimmt, dann wäre es sinnvoller gewesen, statt innertürkischen Wahlkampf zu machen, sich mit uns über Grundrechte und Rechtstaatlichkeit zu unterhalten", sagte Wolf der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Freitag).
Mit Blick auf die Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel in der Türkei erklärte der CDU-Politiker: "Während in der Türkei Politik gegen Menschenrechte und die Pressefreiheit gemacht wird, kann es keine lärmenden Massenkundgebungen türkischer Politiker auf deutschem Boden geben." In Deutschland und Europa sei kein Platz für den türkischen Wahlkampf.
Türkische Gemeinde: Absagen werden Erdogan helfen
Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland hatte den Besuch Bozdags kritisiert. Man erwarte von den türkischen Ministern, dass sie über die bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland redeten, aber nicht Wahlkampf für eine Partei machten, sagte der Vorsitzende der Organisation, Gökay Sofuoglu, im SWR.
Gleichwohl bezeichnete er die kurzfristige Absage durch die Stadt Gaggenau als falsch. "Diese Entscheidung hilft am Ende Präsident Erdogan", sagte Sofuoglu der "Rheinischen Post" (Freitag). "Damit wird sein Anliegen der Verfassungsänderung nur aufgewertet."
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, Auftritte türkischer Politiker an Gegenforderungen zu knüpfen. Wenn Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Minister "in den Genuss kommen möchten, in der Bundesrepublik zu reden, dann ab jetzt nur noch mit Gegenforderung", sagte der Grünen-Politiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das müsse die Bundesregierung sehr deutlich machen.
"Lasst die Opposition frei, gebt ihr die Möglichkeit, selbst bei Veranstaltungen aufzutreten. Hört auf, die Presse zu knechten, lasst Deniz Yücel und die anderen frei. Dann könnt Ihr unser Gastrecht nutzen", sagte Özdemir. Ansonsten seien Erdogan und die Regierungsvertreter unerwünscht. Die Bundesregierung hatte in der Debatte um mögliche Auftritte türkischer Politiker auf die Versammlungs- und Meinungsfreiheit hingewiesen.
Die Sprecherin für Internationale Politik der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, begrüßte die Absage der Veranstaltung in Gaggenau. "Die Bundesregierung darf sich nicht länger vor einer politischen Entscheidung drücken", erklärte Dagdelen. Sie müsse und könne den Werbefeldzug Erdogans und seiner Minister in Deutschland für Diktatur und Todesstrafe in der Türkei unterbinden.