Das Gesetz sieht vor, dass Asylbewerber während der Dauer ihres Verfahrens in sogenannten "Transitzonen" bleiben müssen. Die zwei umzäunten Container-Burgen befinden sich unmittelbar an der Grenze des Landes zu Serbien. Es sind die einzigen Stellen, an denen Flüchtlinge einen Asylantrag in Ungarn stellen können. Der neuen Regelung zufolge sollen auch unbegleitete Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren in den "Transitzonen" interniert werden.
Große Zustimmung im Parlament
Für die Vorlage des Innenministeriums stimmten am Dienstag die Abgeordneten der Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban sowie die der oppositionellen rechtsextremen Jobbik-Partei. Den 138 Ja-Stimmen standen sechs Ablehnungen und 22 Enthaltungen aus den Reihen der Opposition gegenüber.
Ungarn schottet sich seit dem Herbst 2015 mit Stacheldrahtzäunen an den Grenzen zu Serbien und Kroatien gegen Flüchtlinge ab. An den beiden "Transitzonen" werden derzeit täglich im Schnitt zehn Asylbewerber ins Land gelassen. Nach der bisherigen Regelung werden sie dort registriert und kommen dann zumeist in offene Flüchtlingslager im Inneren des Landes.
Grund ist "Migrationsdruck"
Das neue Gesetz muss von Staatspräsident Janos Ader gegengezeichnet werden. Acht Tage darauf tritt es in Kraft. Es sieht außerdem vor, dass die bislang in offenen Lagern befindlichen Asylbewerber in die "Transitzonen" gebracht und dort interniert werden.
Die ungarische Regierung begründete das verschärfte Gesetz mit dem angeblich immer noch andauernden "Migrationsdruck", dem das Land ausgesetzt sei. Dabei steuern seit der Schließung der sogenannten Balkanroute vor einem Jahr vergleichsweise wenige Flüchtlinge Ungarn an. "Wir befinden uns im Belagerungszustand", erklärte Ministerpräsident Orban am Dienstag in Budapest vor frisch ausgebildeten Hilfspolizisten für den Grenzwachdienst.
Kritik von Kardinal Woelki
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat am Rande der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz die drastische Verschärfung des Flüchtlingsrechts in Ungarn scharf verurteilt. "Das kann doch nicht sein, dass wir Menschen, die nach Krieg und Terror zu uns nach Europa kommen, und hierhin flüchten, erneut einsperren, in Schiffscontainern und einen Stacheldrahtzaun drum herum bauen", sagte er domradio.de. Das gehe gegen EU-Recht und Völkerrecht. "Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas Unmenschliches nach der Not und der Flucht und Vertreibung, die nach dem Zweiten Weltkrieg hier stattgefunden haben, dass wir in Europa nochmal so weit kommen; dass wir davon heimgesucht werden."
Bruch mit EU-Recht
Die Vereinten Nationen zeigten sich über die erneute Verschärfung der ungarischen Asylpolitik zutiefst besorgt. Mit dem neuen Gesetz verletze Ungarn internationales und europäisches Recht, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in einer ersten Reaktion mit. "Praktisch wird jeder Asylbewerber, darunter auch Kinder, lange Zeit in Schiffscontainern hausen müssen, die von hohem Stacheldraht umgeben sind", hieß es. Die Entscheidung, alle Asylbewerber für die Dauer ihres Verfahrens in grenznahen "Transitzonen" festzusetzen, sei ein klarer Bruch des EU-Rechts und des Völkerrechts, kritisierte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf.
Schwere psychische Auswirkungen
Die Internierung in Schiffscontainern, die von hohem Stacheldraht umgeben sind, werde schwerer psychische und physische Auswirkungen auf die Menschen haben. Die Asylbewerber, darunter Kinder, hätten in der Regel schon in ihren Heimatländern und auf der Flucht viel Schlimmes erlebt. Das UNHCR betonte, dass besonders die Mädchen und Jungen unter der Inhaftierung leiden würden. Das neue Gesetz mache ein faires und humanes Asyl-Verfahren praktisch unmöglich.
Das ungarische Parlament hatte am Dienstagmorgen das neue Gesetz beschlossen. Demnach müssen die ungarischen Behörden alle Migranten, die in Ungarn einen Asylantrag stellen, für die Dauer des Prozesses internieren. Ungarns Regierung unter Präsident Viktor Orbán verfolgt seit Jahren eine harte Flüchtlings- und Migrationspolitik, die bei den UN und bei EU-Partnern des Landes regelmäßig für scharfe Kritik sorgt.