Der EuGH hatte am Dienstag sein Urteil zum Tragen von islamischen Kopftüchern in Unternehmen veröffentlicht. Demnach kann ein Kopftuchverbot unter bestimmten Umständen rechtens sein. Voraussetzung dafür sei, dass es ein Verbot des Tragens religiöser Symbole für alle Mitarbeiter gebe und das Verbot ein "angemessenes" Mittel zur Erreichung eines Zieles sei, etwa der Neutralität im Umgang mit Kunden.
Der Grünen-Politiker Giegold sieht die Akzeptanz der öffentlichen Ausübung von Religion durch das Urteil bedroht. Es sei "ein weiterer Schritt der Säkularisierung des öffentlichen Raums in Europa", sagte Giegold am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Brüssel.
In der Abwägung zwischen Religionsfreiheit und unternehmerischer Freiheit habe sich der EuGH "sehr weit" auf die Seite der unternehmerischen Freiheit geschlagen, so der Grünen-Abgeordnete. Kunden müssten aber aushalten, dass Europäer auch als Mitarbeiter religiöse Überzeugungen hätten und dies öffentlich bekennen würden, sagte Giegold. "Wir Christinnen und Christen sollten hier entschieden solidarisch mit den konkret vom Urteil betroffenen Muslimen sein", betonte er.
Freiheit der Religionsausübung
Giegold kritisierte zugleich den Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. Es sei "irritierend", wenn Weber in der schwachen Wertschätzung der Religionsfreiheit durch den EuGH europäische Werte zu erkennen meine. "Europäisch ist zuvorderst, persönliche Freiheit in Vielfalt, Gleichheit und Geschwisterlichkeit leben zu können", sagte Giegold. Dazu gehöre die Freiheit der Religionsausübung in der Öffentlichkeit.
Weber hatte betont, der EuGH gebe mit seinem Kopftuch-Urteil ein klares Zeichen: "In Europa gelten die Werte Europas." Die Religionsfreiheit ist nach Einschätzung Webers von dem Urteil nicht weiter betroffen. "Sie gilt in Europa. Darauf sind wir stolz und das werden wir verteidigen", sagte er.