Hilfsorganisationen zum G20-Treffen

"Nicht zu Lasten der Armen"

Zum Auftakt des Finanzministertreffens der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) in Baden-Baden formulieren Kirchen und Entwicklungsorganisationen Forderungen und Kritik. Sie warnen vor einer neuen Schuldenkrise der Entwicklungsländer.

Entwicklungsorganisationen: G20 ignorieren drängende Themen / © Franziska Kraufmann (dpa)
Entwicklungsorganisationen: G20 ignorieren drängende Themen / © Franziska Kraufmann ( dpa )

Das entwicklungspolitische Bündnis "erlassjahr.de" stellt am Freitag in Baden-Baden seinen Schuldenreport 2017 vor. Demnach sind mehr als 100 Länder kritisch verschuldet, was vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika zulasten der Bevölkerung geht.

Bei den Themen Steuergerechtigkeit und Klimafinanzierung würden die Gesprächs- und Beschlusspläne der Finanzminister den aktuellen Problemen nicht gerecht, kritisierte die Organisation Oxfam. "Es droht ein ruinöser internationaler Steuerwettlauf, und das Pariser Klimaabkommen wird viel zu zögerlich umgesetzt", sagte Jörn Kalinski von Oxfam in Berlin.

Die G20-Staaten hätten zwar ihren Willen bekundet, die Gewinnverlagerung von Konzernen in Steuerparadiese zu erschweren, doch zugleich würden Steuersätze gesenkt. Zudem müssten weltweite Finanzströme klimafreundlich umgelenkt werden.

Ökumenischer Gottesdienst und Kundgebungen geplant

Die Kirchen laden am Freitagabend zu einem ökumenischen Gottesdienst mit dem badischen evangelischen Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh und dem katholischen Freiburger Erzbischof Stephan Burger ein. Zusammen mit dem Hilfswerk Misereor und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ist ein Aktionstag mit einer Kundgebung in Baden-Baden geplant. Am Samstag sind Demonstrationen von Globalisierungsgegnern vorgesehen.

Für ein gerechteres Finanz- und Steuersystem

Der Dachverband deutscher Nichtregierungsorganisationen Venro rief die G20-Finanzminister dazu auf, sich für eine gerechteres und nachhaltiges internationales Finanz- und Steuersystem einzusetzen. Dabei dürfe die Gestaltung nicht zu Lasten der Armen gehen, heißt es in einem Papier von Venro.

Zur Stärkung der internationalen Finanzarchitektur forderte Venro von der Bundesregierung, sich nicht für eine weitere Liberalisierung des Kapitalverkehrs einzusetzen. Bei der Regulierung von Schattenbanken, also Finanzunternehmen, die neben dem normalen Bankensystem tätig sind, sollten riskante Finanzprodukte verboten werden und jeder Akteur angemessene Sicherheiten für mögliche Risiken bereithalten.

Ferner sollten börsennotierte Unternehmen offenlegen, inwiefern ihre Finanzprodukte sozial-ökologischen und menschenrechtlichen Standards gerecht werden.

Mit Blick auf die Überschuldung von Staaten verlangt Venro ein verbindliches und umfassendes Umschuldungs- und Entschuldungsverfahren, wie es die UN-Vollversammlung vorgeschlagen hat. Dabei müssten alle Schulden einbezogen werden, auch jene aus öffentlich-privaten Partnerschaften. Nach Einschätzung von Venro sind erneut weit über 100 Staaten durch Überschuldung gefährdet. Die Nichtregierungsorganisationen begrüßten, dass sich die Bundesregierung gegen die Steuervermeidung von Unternehmen stark macht, sprach sich aber für größere Transparenz über länderbezogene Berichte aus.

Verdopplung der Entwicklungshilfe

Die Entwicklungshilfeorganisation One verlangte am Donnerstag in Berlin eine Verdopplung der Entwicklungsfinanzierung für Afrika von aktuell 60 auf 120 Milliarden US-Dollar. One forderte von den G20 einen ambitionierten Investitionsplan für Bildung, Beschäftigung und Beteiligung in Afrika. Ansonsten könne die absehbare Verdoppelung der Bevölkerung in Afrika bis 2050 zu gravierenden Risiken für die internationale Stabilität führen. Zur positiven Gestaltung des Bevölkerungswachstums benötige Afrika jährlich rund 18 Millionen neue Jobs.

Deutschland hat in diesem Jahr die Präsidentschaft der G-20-Staaten inne. Am 7./8. Juli findet in Hamburg der Gipfel der Staats- und Regierungschefs statt. Ein Schwerpunktthema soll die Entwicklung Afrikas bilden.


Quelle:
KNA , epd , dpa