domradio.de: Christen im Heiligen Land sind in der Minderheit. Was bedeutet das für die Christen in Israel?
Dr. Georg Röwekamp (Leiter des Jerusalem-Büros des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande): Sie sind eine fast verschwindend kleine Minderheit. Man spricht von etwa 1,5 Prozent der Menschen, die hier in Israel und in den palästinensischen Gebieten leben. Weil sie vielfach von den jüdischen Israelis als Palästinenser betrachtet werden und von manchen Palästinensern als "nicht richtige Palästinenser", weil sie eben Christen sind, sitzen sie oft ein wenig zwischen den Stühlen. Das ist nicht immer eine angenehme Position, wie man sich denken kann.
domradio.de: Mit dem Geld der Palmsonntagskollekte unterstützen Sie wichtige Projekte: die Bethlehem-Universität, die Dormitio-Abtei, das Babyhospital und vieles andere, oder?
Röwekamp: Es gibt tatsächlich noch ganz viele andere Projekte, wie die Unterstützung von Schulen und Krankenhäusern. Es gibt aber durchaus auch neue Projekte, die gefördert werden. Wir unterstützen auch Organisationen, die sich darum bemühen, dass dieses Land ein multi-religiöses, ein multi-kulturelles Land bleibt, auch wenn sie auf jüdischer oder muslimischer Seite angesiedelt sind.
In diesem Jahr zeigt das Plakat zur Sammelaktion einen Pater, David Neuhaus, mit einem afrikanischen Kind. Das hängt damit zusammen, dass im Moment in Israel im Grunde eine neue Kirche in der Entstehungsphase ist, bestehend aus Flüchtlingen, Migranten und Gastarbeitern aus Asien und Afrika, die vor allem im Pflegebereich eine ganz wichtige Rolle spielen. Diese sind Christen und lange Zeit völlig vernachlässigt worden. Da, so die Aussage des Plakates, würde etwas fehlen, wenn nicht Personen wie Pater David Neuhaus oder andere Organisationen sich um diese Menschen kümmern. Das ist nur möglich dank der Unterstützung, die in der Palmsonntagskollekte zusammenkommt.
domradio.de: Wie sieht die Unterstützung denn konkret aus?
Röwekamp: Wir unterstützen beispielsweise im Süden von Tel Aviv ein Pastoralzentrum, wo die Arbeiterinnen, die es in der Mehrzahl sind, eine kirchliche Heimat finden und wo Jugendliche einen Ort haben, an dem sie Nachhilfe bekommen und spielen können. Es gibt aber natürlich auch die klassische Unterstützung von Krankenhäusern oder einer christlichen Schule, die einfach wichtig ist, damit die Christinnen und Christen gut ausgebildet werden. Denn das ist oftmals die einzige Chance, sich einen Platz hier in der Gesellschaft zu erkämpfen und damit eine weitere Abwanderung von Christen, was eine der größten Gefahren ist, zu verhindern.
domradio.de: Letztendlich können ja auch die Spenderinnen und Spender von Ihrer Unterstützung im Heiligen Land profitieren. Nämlich dann, wenn sie als Pilger ins Land kommen, oder?
Röwekamp: Ja, der Deutsche Verein vom Heiligen Lande hat eine eigene Reiseabteilung, die versucht Pilgerreisen so zu gestalten, dass sie nicht nur zu toten Steinen führen, sondern auch zu den "lebendigen Steinen", den Christen im Heiligen Land.
Wandern gehört ja auch konkret zur Osterzeit. Der Deutsche Verein vom Heiligen Lande unterstützt auch die jährliche Wanderung nach Emmaus bei Jerusalem am Ostermontag. Wir gehen hier von Jerusalem wie einst die Emmaus-Jünger zu Fuß los, durch den Checkpoint in das palästinensische Gebiet, wo heute auch eine Einrichtung des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande vor allem für alte und behinderte Menschen da ist und junge Menschen zu Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern ausgebildet werden.
Das Interview führte Silvia Ochlast.