Die vergangenen vier Monate waren für viele Kopten in Ägypten, von Angst und Schmerz geprägt. Es gab einen der bislang schlimmsten Terroranschläge auf eine Kirche, die Massenflucht von Christen aus dem Sinai und zuletzt wieder gewalttätige Ausschreitungen wegen einer verbotenen Liebe in Luxor. Mitte April steht das Osterfest bevor und die orthodoxen Christen hoffen auf einen besseren Schutz vonseiten der Regierung.
Groll gegen Kopten
Die Aggression der Anhänger von Muslimbrüdern und Salafisten gegenüber den Kopten hat am Nil nach Einschätzung von Anba Damian, Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland mit Sitz im westfälischen Höxter, weiter zugenommen. "Sie machen uns verantwortlich dafür, dass ihr Präsident gestürzt wurde", sagt er mit Hinweis auf die Entmachtung des demokratisch gewählten islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi im Sommer 2013 durch das Militär.
Die Muslimbruderschaft ist seither als Terrororganisation verboten, viele Islamisten sind im Gefängnis. Unter dem heutigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, sagt Anba Damian, "pflegt die Regierung zwar eine sehr freundliche Sprache gegenüber den Kopten. Aber eine wirkliche Verbesserung unseres Status und unserer Sicherheit hat es nicht gegeben."
Christen kritisieren "Teilnahmslosigkeit"
Im Stich gelassen fühlen sich vor allem die fast 150 christlichen Familien, die im Februar überstürzt aus dem Nordsinai geflohen sind. Grund waren sieben tödliche Angriffe auf ihre Glaubensbrüder innerhalb von vier Wochen. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte zuvor in einer Videobotschaft allen ägyptischen Christen den Krieg erklärt, sie als ihre "Lieblingsopfer" verhöhnt.
Die Geflohenen harren in Städten am Suez-Kanal wie Ismailia und Port Said aus - rund 200 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Gegenüber Menschenrechtsaktivisten von Human Rights Watch kritisierten einige von ihnen die "teilnahmslose" Reaktion der Sicherheitskräfte auf die akute Gefahrenlage. Eine Rückkehr in ihre Dörfer ist vor Ostern nicht in Sicht.
Internationale Unterstützung
Aus dem Ausland erhalten die ägyptischen Christen immerhin gewichtigen Beistand. Anfang März traf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Koptenpapst Tawadros II. in der bekannten Kairoer Markuskathedrale und besichtigte auch die anliegende St.-Peter-und-Paul-Kirche. Dort hat der Bombenanschlag im Dezember vergangenen Jahres 29 Menschen das Leben gekostet. IS-Dschihadisten bekannten sich dazu. Ende April wird Papst Franziskus in Kairo erwartet.
Die meisten Ägypter sind sunnitische Muslime. Christen stellen in dem nordafrikanischen Land mit rund neun Millionen Gläubigen zehn Prozent der Bevölkerung - fast alle sind Kopten. Zu den schwersten Angriffen auf die Minderheit gehören auch der Bombenanschlag auf eine Kirche in der Neujahrsnacht 2011 in Alexandria mit rund 20 Toten und zehn Monate später Ausschreitungen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo mit 26 Toten.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Koptenpapst Tawadros sprach seiner Gemeinde jüngst trotz aller Missstände Mut zu - schaute gar optimistisch in die Zukunft. Der Terror im Nordsinai sei "temporär", sagte er in einem Interview mit dem ägyptischen Fernsehsender CBC.
"Der Staat kümmert sich darum", so das Kirchenoberhaupt. Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen - wie zuletzt wegen Gerüchten über ein christlich-muslimisches Liebespaar in Luxor - wertete er als untergeordnetes Problem. Ein solcher Übergriff in einem von 5.000 Dörfern sei eine "kleine Wunde", betonte der Koptenpapst. "Aber der Körper ist gesund."
Mey Dudin