In einem am Montag vorab veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeitschrift "Herder Korrespondenz" wies sie darauf hin, dass der Berliner Senat die Gründung eines Zentrums für Islamische Theologie mit fünf Professuren an der Humboldt-Universität (HU) beschlossen hat. Es "sollte bald auch ein Beschluss über eine entsprechende Ausstattung für ein Zentrum für katholische Theologie folgen", betonte Schavan. Sie ist derzeit deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl.
An der Freien Universität (FU) Berlin gibt es seit rund 60 Jahren ein "Seminar für Katholische Theologie". Dessen Ausstattung steht jedoch seit längerem in der Kritik. Von den ursprünglich vereinbarten vier Professuren war in den vergangenen Jahren nur eine dauerhaft besetzt, unterstützt von zwei Juniorprofessuren und Gastdozenten. Dies ist aus Sicht etwa des Berliner Erzbischofs Heiner Koch "völlig unzureichend". Zudem tritt die Deutsche Bischofskonferenz für eine stärkere Präsenz der katholischen Kirche in der Wissenschaftslandschaft der Bundeshauptstadt ein.
Vernetzung mit Washington
Schavan plädiert für die Gründung eines neuen "Zentrums für katholische Theologie" in Berlin mit bis zu "acht gut ausgestatteten Professuren". Darunter könnten auch die Professuren des FU-Seminars sowie die an der HU angesiedelte Guardini-Stiftungsprofessur für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung fallen.
Konzipiert werden solle das Zentrum für den zweiten und dritten Studienzyklus mit Schwerpunkten für Spezial-, Graduierten- und Doktoratsstudien. Dabei solle es eine internationale Vernetzung etwa mit der Georgetown-University in Washington anstreben.
Erfurt spielt wichtige Rolle
Für den ersten Studienzyklus empfiehlt Schavan eine Zusammenarbeit mit der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Sie ging aus der einzigen akademischen Ausbildungsstätte für katholische Theologen in der DDR hervor. "Was immer in Berlin geplant ist, darf den Standort Erfurt nicht zerstören", betonte Schavan. Auch in Zukunft habe die einzige katholische Fakultät in den neuen Bundesländern eine wichtige Rolle. Ostdeutschland sei "gleichsam ein Labor für die Theologie", erklärte Schavan in Anspielung auf die Minderheitenlage der Kirchen in den neuen Bundesländern.
Kritisch äußert sich die Ex-Ministerin zum Vorschlag von evangelischen Theologieprofessoren der HU, eine "Fakultät der Theologien" zu gründen. Dabei sollen Protestanten, Katholiken, Muslime und Juden unter dem Dach einer neuartigen Fakultät bei Wahrung ihrer Eigenständigkeit kooperieren. Schavan betont, der Begriff "Fakultät" sei wegen seiner Prägung in Deutschland "wenig geeignet als Dach für die Präsenz verschiedener Konfessionen und Religionen an einer Universität". Vor einer wünschenswerten gemeinsamen Institution verschiedener Religionen müssten "die Zentren für islamische und katholische Theologie gut entwickelt sein".