Eigentlich merkt man nicht, dass es eine evangelische Veranstaltung ist. Auf allen Plakaten wird immer nur vom „Kirchentag“ gesprochen. Die Redner auf den Bühnen und bei den Diskussionen begrüßen immer die „Christen“ und „Gläubigen“ die von Mittwoch bis Sonntag in Berlin und Wittenberg versammelt sind. Die Ökumene spielt 500 Jahre nach Beginn der Reformation eine große Rolle, auch auf dem Kirchentag.
Alleine schon der Eröffnungsgottesdienst am Mittwoch vor dem Reichstag hat gezeigt: Hier feiern Protestanten nicht unter sich. Mit Münchens Kardinal Reinhard Marx und Anglikanerprimas Justin Welby waren auch die obersten Vertreter der anglikanischen und der deutsch-katholischen Kirche hier vor Ort. Die Ökumene sei stark bei diesem Glaubensfest, betont der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, im domradio.de-Interview: „Wir sind eine große Gemeinschaft von Christinnen und Christen. Man spürt, dass Christus unter uns ist und die konfessionellen Grenzen überwindet. Ich wünsche mir viel mehr davon.“
Ein „katholisches“ Protestantenfest
In gewissem Sinne sei dieser 36. Evangelische Kirchentag auch eine „katholische“ Veranstaltung, erklärt Bedford-Strohm. „Katholisch heißt im Ursprung: alles umfassend, universal. Das ist natürlich auch ein ganz wesentliches Element für die evangelische Kirche. Insofern freuen wir uns darüber, wenn wirklich auch spürbar wird, dass die Grenzen, die wir Menschen manchmal aufrichten, überwunden werden. Wir sind alle eins in Jesus Christus.“
Auch auf dem Veranstaltungsprogramm des evangelischen Kirchentages sind katholische Vertreter oft gesehen. Berlins Erzbischof Koch hat am Donnerstag eine ökumenische Bootstour mit Gläubigen über die Spree unternommen. In einer Stadt, wo nur dreißig Prozent der Menschen überhaupt glauben, zwanzig Prozent Protestanten und zehn Prozent Katholiken, sei die ökumenische Zusammenarbeit selbstverständlich. Dies könne durchaus auch Impulse für andere Bistümer und Landeskirchen setzen.
Abschluss mit anglikanischer Predigt
Eine bedeutende anglikanische Stimme wird auch beim Abschlussgottesdienst des Kirchentages zu hören sein. Beim Gottesdienst auf den Elbwiesen in Wittenberg wird es vor 100.000 Gläubigen eine katholische Predigt geben. Der Erzbischof von Kapstadt, Thabo Magkoba, wird zum Abschluss des evangelischen Glaubensfestes zu den Gläubigen sprechen – ökumenisch.