Sie ist die Falsche und doch die Richtige: Eine dicke Steinhummel besucht im Taumelflug Blume um Blume. Mit ihrem schwarz-roten Pelz ist sie auf den weißen Margeriten gut zu erkennen.
Unter beständigem Brummen bringt das Tier eine Blüte nach der nächsten in Schräglage. Denn es ist daumengroß - und daher deutlich kräftiger als jenes Insekt, das Johann Bauch eigentlich sucht: die Honigbiene. "Aber so eine Hummel ist auch toll», sagt er. «Dass sie hier Futter findet, ist ebenso ein Beleg für eine intakte Natur, wie es eine Biene wäre."
"Eichstätt summt"
Bauch weiß, wovon er spricht. Er ist Imker, Lehrbeauftragter für Biologie-Didaktik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) - und nun doch noch fündig geworden: "Da, eine Biene!" Bauch zeigt auf eine blaue Leinblüte, einen der vielen Farbenfunken ringsherum. Alle zusammen bilden sie die Wildblumenwiese des Eichstätter Priesterseminars. Sie entstand, als die Stadt vor rund einem Jahr eine neue Attraktion bekommen hat: den Bienen-Schöpfungsweg.
Dieser verläuft auf einer Strecke von 2,5 Kilometern hauptsächlich entlang der Altmühl. Er umfasst 29 Informationstafeln, die das Leben der Honigbiene und ihre Bedeutung für die Natur erklären und Tipps zu deren Schutz geben - etwa den, wilde Blumen anzusäen. Initiiert hat den Weg die Initiative "Eichstätt summt", ein Bündnis aus KU, Stadt, Verwaltung, Schulen, Wirtschaft, Vereinen und Verbänden. Und der Kirche. Denn: "Umweltschutz ist ein urchristliches Anliegen", sagt Lisa Amon, Nachhaltigkeitsreferentin des Bistums Eichstätt.
Jeder kann helfen
Gerade für Christen sei die Verantwortung für die Schöpfung kein Randthema, betont sie und verweist auf die 2015 veröffentlichte Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus. "Darin hat er gesagt, dass jedes noch so kleine Geschöpf einen Wert für sich darstellt. Ganz abgesehen davon, dass uns Menschen die Umwelt auch um unserer selbst willen nicht egal sein darf." Allein die Bienen etwa wegen ihrer Bestäubungsleistung in der Landwirtschaft nicht.
Wie also lässt sich den von blütenlosen Monokulturen und Pestiziden bedrohten Tieren helfen? Johann Bauch fasst die Tipps des Schöpfungswegs zusammen: "Garten- und Balkonbesitzer sollten auf heimische Pflanzen setzen, und zwar so, dass sie übers Jahr verteilt blühen." Gefüllte Blüten seien zu meiden, die böten kaum Pollen und Nektar. Ebenso wichtig: der Verzicht auf Gift und Bodenversiegelung.
Und wer nicht nur Bienen retten will, dem rät Lisa Amon: "Auch, wenn's manchem Gärtner unangenehm sein mag: Lassen Sie Unordnung zu und Brennnesseln stehen. Daran fressen zig Schmetterlingsraupen." Einfacher könne ein guter Christ die Schöpfung kaum bewahren helfen.
Der heilige Willibald und die Bienen
Der heilige Willibald hätte an dieser Idee sicher Gefallen gefunden. Schließlich werde der Eichstätter Bistumspatron selbst mit einem Insekt verglichen, einer Biene nämlich, wirft Reinhard Kürzinger ein.
Der Leiter der Diözesanpilgerstelle des Bistums erzählt: "In Willibalds Biografie steht, er habe sich einer umsichtigen Biene gleich von dem, was er auf seinen Reisen erspäht habe, das Beste angeeignet."
Virtuelle Bienen
Sich Neues aneignen, das tun Menschen heute oft mit moderner Technik. Deshalb will Helga Rolletschek den Bienen-Schöpfungsweg digital fortsetzen. Die Mitbegründerin von "Eichstätt summt" und Chefin der KU-Biologiedidaktik arbeitet dazu gerade mit Projektpartnern aus ganz Bayern an einer App. "Sie soll Zehn- bis 14-Jährigen Wissen rund um die Biene vermitteln", erklärt sie. "Dafür übernimmt der Nutzer die Leitung eines virtuellen Bienenvolks und muss dazu etwa Pflanzen bestimmen." Im Juli soll die App starten.
Im selben Monat steht die erste große offizielle Nutzung des Schöpfungswegs seit dessen Einweihung an: "Am 9. Juli veranstalten wir eine Sternwallfahrt zum Grabe Willibalds, die wird über den Schöpfungsweg führen, um unsere Wertschätzung für die Natur zu betonen», kündigt Domvikar Kürzinger an. Dabei werde auch eine Blaskapelle auftreten, "die wird richtig schön brummen". Vermutlich lauter als die Hummel in der Wiese des Priesterseminars.