Streit um zurückgehaltene Antisemitismus-Doku

"Brot für die Welt" erklärt sich

Rund 200.000 mal wurde eine umstrittene Dokumentation über Antisemitismus auf bild.de angeklickt. In dem Bericht wurden unter anderem Vorwürfe gegen "Brot für die Welt" erhoben. Die Hilfsorganisation weist diese nun entschieden zurück.

Kundgebung gegen Antisemitismus / © Maja Hitij (dpa)
Kundgebung gegen Antisemitismus / © Maja Hitij ( dpa )

"Bild.de" hat am Dienstag für 24 Stunden die vieldiskutierte Dokumentation über Antisemitismus in Europa gezeigt. Laut "Bild.de" sei die Dokumentation am Dienstag rund 200.000 Mal geklickt worden. Zudem hätten sich rund 650.000 Interessierte über den Film informiert

Weder Arte noch der WDR planen rechtliche Schritte gegen "Bild.de". Arte hatte eine Ausstrahlung der Dokumentation abgelehnt, der WDR prüft sie noch. Unterdessen äußerte sich das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" zu den in der Dokumentation erhobenen Vorwürfen.

"Seit Wochen wird bis in die höchsten Ebenen der Politik über diese - von Gebührengeldern produzierte - Dokumentation diskutiert. Ohne dass die Bürger sie sehen dürfen. Ohne dass sie sich ein Urteil bilden können", schrieb Chefredakteur Julian Reichelt auf "Bild.de". Der Verdacht liege nahe, dass die Dokumentation nicht gezeigt werde, weil sie ein antisemitisches Weltbild in weiten Teilen der Gesellschaft belege, das erschütternd sei, hieß es weiter.

"Befremdliche Vorgehensweise"

Arte weigert sich, die Dokumentation "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" von Joachim Schroeder und Sophie Hafner zu senden. Auf epd-Anfrage erklärte Arte im Mai, der produzierte Film entspreche nicht dem geplanten Projekt. Zu der Frage, ob "Bild.de" die Rechte an der Dokumentation erworben habe, äußerte sich der Medienkonzern Axel Springer nicht.

Auf epd-Anfrage teilte Arte mit, keine juristischen Schritte gegen "Bild.de" zu planen. Man habe zur Kenntnis genommen, dass "Bild.de" die Dokumentation "in eigener Verantwortung" online gestellt habe. "Auch wenn diese Vorgehensweise befremdlich ist, hat Arte keinen Einwand, dass die Öffentlichkeit sich ein eigenes Urteil über den Film bilden kann", erklärte der Sender auf seiner Seite. Zudem bekräftigte Arte, den Film "nicht durch eine eigene Ausstrahlung nachträglich legitimieren" zu wollen, da er vom verabredeten Sendungskonzept abweiche. "Die Unterstellung, der Film passe aus politischen Gründen nicht ins Programm, ist schlichtweg absurd."

"Handwerkliche Bedenken"

Auch der WDR erklärte auf epd-Anfrage, er habe nichts von der Ausstrahlung durch "Bild.de" gewusst. Auch der WDR plane keine rechtlichen Schritte gegen den Medienkonzern Axel Springer. Der WDR hat die für Arte produzierte TV-Dokumentation bisher ebenfalls nicht ausgestrahlt. Es gebe "handwerkliche Bedenken" gegen den Film, der nun zunächst geprüft werden solle, erklärte der Sender.

Zudem lägen die Ausstrahlungsrechte bei Arte. Die Arte-Redaktion des WDR verantwortet die Produktion; der Film wurde von der zuständigen WDR-Redakteurin abgenommen.

"Brot für die Welt" wehrt sich

Indessen hat das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" im Film erhobene Vorwürfe zurückgewiesen. Anders als dargestellt unterstütze das Hilfswerk keine Organisationen, die antiisraelische oder antisemitische Propaganda verbreiten, teilte "Brot für die Welt" mit. "Für 'Brot für die Welt' endet jede Förderung, wenn das Existenzrecht Israels nicht anerkannt wird, zum Boykott von Waren aus Israel aufgerufen oder Antisemitismus geäußert wird", hieß es. In der TV-Dokumentation wird der Vorwurf geäußert, dass "Brot für die Welt" die israelische NGO "B'Tselem" unterstütze, die Israel Nazimethoden und Apartheid vorwerfe.

Zuletzt hatte es viel Kritik an der Vorgehensweise von Arte und WDR gegeben. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte sich in einem Schreiben an Arte, WDR und ZDF verwundert geäußert, dass die Dokumentation nicht wie geplant bei Arte gesendet werden soll. Historiker wie Michael Wolffsohn und Götz Aly hatten den Film gelobt. Aly hatte dem Arte-Programmdirektor Zensur vorgeworfen.


Quelle:
epd