Die Laienbewegungen in der katholischen wie auch der evangelischen Kirche seien dazu längst bereit, nur der Klerus brauche wohl noch seine Zeit, sagte er am Samstag auf dem Kreiskirchentag in Dortmund. Dabei sei es gerade jetzt günstig, auf eine Einheit hinzuwirken, weil "ein Papst wie Franziskus so schnell nicht wiederkommt". Die Kirchen wirkten auf die Menschen längst nicht mehr anziehend, sagte Leyendecker. Ganz anders verhalte es sich mit den Fragen des Glaubens, an denen durchaus Interesse bestehe.
Beispiel Bergpredigt
Leyendecker betonte, dass Engagement für Frieden und Solidarität zum christlichen Selbstverständnis gehöre. Dies lasse sich beispielsweise aus der Bergpredigt schlussfolgern. Die damaligen Aussagen von Jesus hätten nichts an Aktualität verloren. Jesu klare Worte zur Würde von Menschen, die in Armut leben, seien als eindeutiger Appell zu verstehen, auch heute für die Armen Partei zu ergreifen, sagte er. Die kritische Haltung Jesu gegenüber Geld und Finanzen biete ausreichend Anlass über die Folgen eines "Turbokapitalismus" nachzudenken, der bereits viele Opfer gefordert habe, vor allem in der Dritten Welt, sagte Leyendecker: "Wir müssen teilen lernen und uns den Armen zuwenden." Das gelte insbesondere für Flüchtlinge.
Die Ausprägungen einer an Kapital und Shareholder ausgerichteten Gesellschaft hätten sich in der Finanzkrise 2008 gezeigt, als Großbanken mit dem Argument gerettet worden seien, es handele sich um "systemrelevante" Unternehmen. Leyendecker warf angesichts einer solchen Betrachtung die Frage auf, welche Bedeutung dann noch für Wohlfahrtspflege, Beratung und Betreuung von Menschen bleibe. Ebenso kritisch solle mit dem Begriff des "starken Staates" umgegangen werden, sagte der Journalist. Meistens sei damit die innere Sicherheit gemeint, doch eigentlich zeige doch ein Staat Stärke, der sich um Sozial- und Bildungspolitik kümmere.
Leyendecker
Leyendecker wurde im Mai zum Präsidenten des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages gewählt, der 2019 in Dortmund stattfindet.
Der aus dem rheinischen Brühl stammende Journalist ist Dortmund in unterschiedlicher Weise verbunden. In den 70er Jahren arbeitete er hier als Redakteur für die "Westfälische Rundschau", zudem ist er bekennender BVB-Fan. Mit seiner Frau nahm er in der Vergangenheit schon häufiger an Kirchentagen teil.