Der Diözesanpastoralrat des Erzbistums Köln hatte aus diesem Grund dem Thema Partizipation bei seinen Beratungen am vergangenen Freitag und Samstag im Bensberger Kardinal-Schulte-Haus viel Platz eingeräumt. Doch was ist dabei herausgekommen?
Woelki: Partizipation beginnt in der Taufe
Partizipation, so erläuterte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, wurzele im christlichen Gottesbild, das den dreifaltigen Gott als Beziehung versteht. Deshalb gehörten Dimensionen wie "Beziehung", "Liebe" und "Austausch" immer dazu; in Christus sind sie im Wortsinn verkörpert. Sein "Werkzeug", die Menschen in dieses Beziehungsgeschehen einzubeziehen, sei die Kirche: Weit mehr als eine bloß soziologische Größe lädt sie zu Gemeinschaft und Teilhabe an der lebensfördernden Bewegung Gottes ein.
In der Taufe werde der Mensch in die Kirche und damit in diese liebende Gottesbeziehung hineingenommen und erhalte zugleich den Auftrag, Austausch, Liebe und Beziehung auch selbst zu leben. In der Eucharistie, in der Gott selbst sich gibt, solle diese Hingabe praktisch werden im Blick auf den Nächsten – besonders, wenn dieser in seinen Lebensmöglichkeiten durch Armut, Einsamkeit, Krankheit oder sonstige Not eingeschränkt ist.
Die Berufung jedes Getauften, so der Erzbischof, bestehe darin, die in der Taufe geschenkte Christus- und Kirchengemeinschaft immer mehr zu entfalten. Dies geschehe durch Charismen – gottgeschenkte Talente und Begabungen, über die jede und jeder Einzelne verfügt zum Wohl und Nutzen der Gemeinschaft und zum Aufbau der Kirche. Diese Charismen ergänzten und bereicherten sich gegenseitig durch ihre Vielfalt und Verschiedenheit; jedes sei wertvoll, keines nutzlos oder überflüssig.
Partizipation bedeute daher Übernahme von Verantwortung jedes Einzelnen mit seinen spezifischen Fähigkeiten und Gaben zum Aufbau des Ganzen: "Du gehörst unbedingt dazu" sei daher die Grund-Aus- und Zusage an jede und jeden einzelnen Getauften.
Partizipation: Übernahme von Mitverantwortung in Kirchenstrukturen
In dieser Perspektive ergänzten Partizipation und Leitung einander, so Woelki, denn es gehe um das eine und große Ganze – den Aufbau der Kirche von Christus her. Freilich bleibe dies im kirchlichen und gemeindlichen Alltag immer wieder neu einzuholen und umzusetzen.
Der Diözesanpastoralrat versuchte deshalb, spezifische Gelingensfaktoren zu identifizieren, die dabei helfen, Partizipation und Mitverantwortung in die gelebte Praxis umzusetzen. Vertrauen, Respekt und Motivation etwa waren drei der genannten Stichworte, auf deren Basis Partizipation gelingen kann; hinzu kommen müssen Haltungen wie Bescheidenheit und Demut, bestenfalls in einer Kultur des Respekts und der Wertschätzung, in der möglichst viel mit- und untereinander kommuniziert wird.
Zugleich wurde dabei deutlich, dass es vielerorts schon gelungene Beispiele gelebter Partizipation gibt, durchaus auch abseits von etablierten Kirchenstrukturen – etwa in caritativen oder gottesdienstlichen Initiativen, die den Freiraum für Neues bieten und zugleich "Neue" einladen, die bisher von den Gemeinden nicht wahrgenommen wurden.
Aber auch konkrete Handlungsfelder wurden genannt, etwa die Priesterausbildung: angesichts der veränderten kirchlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten soll hier von Anfang an eingeübt werden, was es bedeutet, wenn der Pfarrer als Gemeindeleiter zuallererst "Ermöglicher" und "Förderer" ist, damit die vielfältigen Charismen in der Gemeinde zur Geltung und Entfaltung kommen können. Aber auch unter den Priestern und mit dem Erzbistum bedarf es eines intensiveren Austauschs, um aus guten wie hinderlichen Erfahrungen intensiver zu lernen und das Förderliche auf dem Pastoralen Zukunftsweg zu identifizieren.
Veränderung gestalten: Wegbegleiter für Ehren- und Hauptamtliche
Im Rahmen der Beratung über die Zukunft der Seelsorge im Erzbistum Köln informierte sich der Pastoralrat auch über Ideen und Elemente, die diesen Weg unterstützen sollen: In den größer werdenden Seelsorgebereichen und Sendungsräumen sollen Wegbegleiter, selbst aus der pastoralen Praxis kommend und eigens geschult, den anstehenden Systemwechsel zu mehr Partizipation unter Ehren- wie Hauptamtlichen gestalten und begleiten.
Außerdem gilt es, sowohl die Seelsorgeteams aus Priestern, Diakonen und Pastoralkräften als auch die durch Taufe und Firmung Qualifizierten in einer Weise auf den Pastoralen Zukunftsweg zu geleiten, dass Gemeinde entsteht und Kirche wächst. Unterstützt wird dieses Unterfangen von einer Art neuer "Kirchenschule", in der Glauben gelebt und gelernt werden kann. Geleitet von der Vision einer partizipativen Kirche, die aus dem immer wieder bewusst vernommenen Gotteswort und von den unterschiedlichen Charismen lebt, sollen hier die konkreten Dienste im Blick auf die Kirchengemeinschaft entdeckt und eingeübt werden.
Chancen des Katechumenats neu entdecken
Dabei ist im Sinne von Charismen, Partizipation und Taufwürde jede und jeder zugleich lernend und lehrend; das Geschehen lebt vom Austausch. Und von einer neuen Sprachfähigkeit in Glaubensdingen, die freilich vielerorts und auf vielerlei Weisen gefördert werden muss: etwa durch ein neu entdecktes Katechumenat, jene Einführung in den Glauben also, die nicht bloß Wissensvermittlung und Praxiseinübung bedeutet wie in einer Art Schule, sondern die immer auch zugleich zu Beteiligung und Mitfeier befähigt – je nach erreichter Stufe auf diesem Weg in die Glaubensgemeinschaft der Kirche.
Das gilt etwa auch für Detailfragen wie die Ehevorbereitung. Hier berät zurzeit ein "Runder Tisch" Anforderungen und Eckpunkte der Begleitung von Paaren auf dem Weg zur Ehe, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des päpstlichen Schreibens "Amoris laetitia – Die Freude der Liebe".
Nach 1. Jahr: Diözesanpastoralrat reflektiert Erfahrungen
Noch steht das Erzbistum am Beginn dieses Zukunftswegs; Erfahrungen in anderen Diözesen und Ländern zeigen, dass dies eine Generationenaufgabe ist. Umso bedeutsamer sei es, so Kardinal Woelki, die zu unterstützen und mitzunehmen, die sich bereits aufgemacht hätten und das Anders-Kirche-Sein im Blick auf die Zukunft in Angriff genommen haben. Als Forum und Beratungsgremium auf diesem Weg soll auch der Diözesanpastoralrat seine Wirkung optimal entfalten; dazu wurde vereinbart, dass sich das Plenum künftig drei Mal jährlich trifft und der Ständige Ausschuss einstweilen ausgesetzt wird, um neue Erfahrungen mit größerer und intensiverer Beteiligten aller Mitglieder zu sammeln – wie diesmal.
Der intensive Austausch erforderte, dass vorgesehene Themen auf das nächste Treffen verschoben werden mussten. Eine solch dichte, nachdenkliche Gesprächsatmosphäre wie bei dieser Tagung, darüber herrschte Einigkeit, braucht die ihr angemessene Zeit.