Der frühere Leipziger Thomaspfarrer Christian Wolff und der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer haben ihre Kritik an den Reformationsfeierlichkeiten erneuert und ihre Streitschrift verteidigt. Die beiden evangelischen Autoren sagten der "Leipziger Volkszeitung", sie sähen sich sowohl durch den großen Zuspruch aus den Gemeinden, als auch durch kühle Reaktionen aus Kirchentagsleitung und EKD bestätigt.
Abgespeckteres Kirchentagsprogramm
"Mit dem Memorandum wollten wir Diskussionen anregen, nicht über Zahlen, sondern über Inhalte - insbesondere in den Kirchgemeinden. Das scheint auf einem guten Weg zu sein", sagte Wolff. Manche Verantwortlichen in der Kirche dürften insgeheim froh sein, dass für die Zeit nach den Events die bedrängenden Probleme und Aufgaben klar benannt worden seien.
Für künftige Kirchentage rät Wolff zu einer Konzentration auf das Wesentliche; die Programme müssten deutlich abgespeckt werden. "Vieles verlor sich doch diesmal in Unübersichtlichkeit und Fülle", bekräftigt der Leipziger Pfarrer seine Kritik an den nur mäßig besuchten Kirchentagen auf dem Weg 2017. Für Schorlemmer hat gerade erst eine Debatte zur Zukunft der Kirche begonnen. "Wir wollen ermutigen, statt verstummend zu resignieren."
EKD reagiert zurückhaltend
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte in den letzten Tagen zurückhaltend auf das Memorandum reagiert: Es sei zwar ein "belebender Diskussionsbeitrag", tauge aber noch nicht zur Umsetzung. Lutherbotschafterin Margot Käßmann erklärte: "Ich höre die Kritik." Sie habe aber im Reformationsjahr überwiegend Menschen gesehen, "die beflügelt sind, auch in schwierigen Lagen ihr Christsein zu leben."
Schorlemmer erneuerte sein Fazit des Reformationsjahres: Kirche müsse sich gerade jetzt selbstkritisch hinterfragen: "Was ist unser Anteil daran, dass Menschen die Kirche verlassen und ihr mit Gleichgültigkeit begegnen?" Einen Grund sieht er in der "Selbstsäkularisierung und Banalisierung des Glaubens". Die trete immer dann ein, "wenn wir zwar irgendwie in der Gesellschaft mitmischen wollen, aber nicht mehr verdeutlichen können, woher wir kommen."
Memorandum als Weckruf
Wolff und Schorlemmer hoffen weiterhin, mit ihrem Memorandum einen wichtigen "Weckruf" gestartet zu haben. "Wir lassen uns den Blick nicht vernebeln durch zu viel Beschönigung. Wir bleiben unruhig angesichts vieler Missstände in der Kirche", betonte Schorlemmer. "Durch die segensreiche Dynamik, die dem Glauben innewohnt, brauchen wir uns mit keinem Missstand abzufinden."